Sommer in Brasilien...
Selbst nach Jahrzehnten in London kann André seine Heimat nicht vergessen: Rio de Janeiro und der sonnengetränkte Strand von Ipanema. Besonders verfolgen ihn die Erinnerungen an den Sommer 1985, als sein wohlbehütetes und sorgenfreies Leben jäh endete: Es war der Sommer, als seine Mutter starb. Und der Sommer, als er sich in das Dienstmädchen Luana verliebte. Eine geheime, eine unmögliche Liebe. Dreißig Jahre später schreibt Luana ihm einen Brief, und André reist nach Brasilien. Er will sich endlich der Verantwortung stellen, vor der er als junger Mann geflohen war, und muss die schmerzhafte Erfahrung machen, dass manche Versäumnisse unwiederbringlich sind. [© Text und Cover:
Hoffmann und Campe Verlag]
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Wie prägend sind doch die Jugendjahre! Als André den Brief von Luana erhält, kommen die Erinnerungen zurück. Er erzählt in der Ichform von seinem Leben in Rio der achtziger Jahre. Nachdem seine Mutter bei einem Autounfall starb, lebt er mit seinem Bruder und seinem Vater mit Sichtweite zum Strand in komfortablen Umständen. Sein Vater ist Chef einer chirurgischen Klinik, daher ist die Familie ganz gut situiert. Auch Andrés Freunde bewegen sich in diesen Kreisen, die die armseligen Lebensbedingungen in den Favelas gekonnt ausblenden können. André hat Zeit und Muße, mit seiner Clique abzuhängen und seine Jugend zu genießen.
Er muss sich um nichts kümmern, schließlich haben sie zwei Hausmädchen, die den Haushalt schmeißen. Das ist André schon immer so gewohnt, er macht sich keine Gedanken darüber, wo Rita und ihre Tochter Luana herkommen und wie sie leben.
„Rückblickend wird mir klar, dass jemand – eine empregada – dort vor unserem Besuch sauber gemacht haben musste. Doch damals fielen mir solche Dinge gar nicht auf. Mahlzeiten tauchten auf, Häuser putzten sich von selbst, Betten wurden gemacht." (S. 37)
Die ethnischen und sozialen Differenzen nimmt André als gegeben hin. Luana entwickelt sich allerdings zu einer wahren Schönheit. Und obwohl er genau weiß, dass er auf jeden Fall die Finger von ihr lassen muss, kann er nicht verhindern, dass er sich in sie verliebt. So nimmt das Schicksal seinen Lauf…
„Wir waren dem Untergang geweiht." (S. 189)
Zugegeben, der Plot, den Luiza Sauma hier aufgestellt hat, sprüht nicht gerade vor Einfallsreichtum. Eine schicksalhafte Liebe zwischen Ober- und Unterklasse wurde schon oft erzählt. Lesenswert finde ich den Roman trotzdem, denn zum einen verknüpft die Autorin die Erlebnisse der Jugend sehr gut mit der Tragödie um den Tod von Andrés Mutter. Keine Spur also von einer Liebesschnulze. Zum anderen stellt sie die Bedeutung von Schuld und Reue und die Auswirkungen der damaligen Geschehnisse durch die Zeitsprünge gut dar. Letztendlich fängt sie auch die Atmosphäre des heißen und schwülen Brasiliens und die Hoffnungen und Leidenschaften des jungen André sprachlich gut ein und macht die Geschichte dadurch lebendig.
Persönliches Fazit
„Luana" ist die Geschichte einer schicksalhaften Liebe, die im Kern nichts Neues erzählt. Ich fand sie trotzdem lesenswert, denn Luiza Sauma verbindet sprachlich ansprechend Drama und Leidenschaft, ohne Gefahr zu laufen, ins Kitschige abzudriften.
© Rezension: 2017, Marcus Kufner
Luana | Luiza Sauma | Hoffmann und Campe Verlag
Aus dem Englischen von Mayela Gerhardt
2017, gebunden, 304 Seiten, ISBN: 9783455000016
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