Wie weit müssen wir fahren, um irgendwann einmal anzukommen? Die Antwort auf diese Frage muss jeder selbst herausfinden, doch das Wichtigste ist erst einmal das Losfahren. Denn wer nicht wegfährt, kann auch nicht heimkommen. Für Anika Landsteiner ist Reisen eine Herzensangelegenheit, die sie bereits um die ganze Welt geführt hat. Nur wenn man das warme Nest zu Hause verlässt, kann man sich für die Welt öffnen und das entdecken, was man liebt – auch wenn es manchmal mit Strapazen verbunden ist. Mit ihren Beobachtungen und Gedanken zeichnet sie manchmal das große Bild, manchmal spürt sie Zwischentöne auf – ob auf Dschungelpfaden in Kolumbien oder einem staubigen kalifornischen Highway. Der richtige Zeitpunkt zum Losfahren? Immer genau jetzt! [Text & Cover: ©
Goldmann Verlag]
Wer mich schon ein bisschen kennt, dem ist sicher schon aufgefallen, dass ich gerne Bücher über die Themen Reisen und Lebenserfahrungen lese. Sehr gerne auch in Verbindung miteinander. Ich verfolge natürlich auch einige Blogs, die sich mit diesen Themen beschäftigen. Ganz besonders angetan hat es mir der Blog
Ani denkt. - geführt von Anika Landsteiner. Ani lebt in München und absolvierte eine Ausbildung zur Schauspielerin, schlug dann die journalistische Laufbahn ein und führt zudem eben diesen ganz wunderbar inspirierenden Reiseblog. Schon seit einer Weile lese ich ihre sehr authentischen und lebensnahen Beiträge mit Begeisterung und freute mich sehr, dass nun auch ein Buch erschienen ist, in dem sie uns nun auch offline mit auf Reisen nimmt.
Schon ihr Blog ist so erfrischend anders.
Ani denkt ist ein sehr literarischer Reiseblog, voll von Emotionen und Gedanken über das Erlebte, über die Menschen, die Kultur, über das was sich hinter den Kulissen abspielt. Und genau das spiegelt sich in ihrem Buch „Gehen, um zu bleiben“ wider. In 15 Episoden lässt sie uns teilhaben an 15 ganz besondere Reiseerfahrungen, die sie nachhaltig prägten. Nachhaltigkeit ist ein Stichwort, denn das liegt ihr besonders am Herzen - und das spürt man beim Lesen ihrer Texte. Weniger Konsum, weniger Gepäck, weniger Ballast - mehr das Auge auf das wirklich Wesentliche richten. Das gilt für ihr Leben im Alltag genauso wie auf ihren Reisen. Ihre Taschen sind leicht, Ani reist minimalistisch und fühlt sich dadurch freier. Und genau so ist es. Wie oft schleppt man viel zu viel Dinge mit sich herum? Die Koffer sind schwer, schon bei der Abreise. Dabei reichen so wenig Sachen, man sollte es einfach mal wagen und den Ballast über Bord werfen. Sich von dem unnötigen Konsum trennen. Letztlich wird man nicht wirklich viel (eventuell auch gar nichts?) vermissen.
Reisen in Zeiten wie diesen? Immer wieder hört man vor der Angst zu Reisen, weil „doch gerade so viel passiert“ auf dieser Welt. Aber ist das der richtige Weg? Ist das überhaupt so? Ani macht sich Gedanken dazu in ihrem Buch und einen Absatz habe ich fett markiert, denn er ist so wahr:
Wer mit Ani durch ihre Texte reist, den erwartet ganz sicher kein typischer Pauschaltourismus, der wird keine ultimativen Tips über die „besten Plätze ever“ oder Berichte über den gerade ganz angesagten „heissen Scheiss“ im Urlaub finden. Wer sich auf ihre Geschichten einlässt, der bricht mir ihr auf zu einem Roadtrip von LA nach San Francisco, überwindet dabei gebrochene Herzen, macht sich Gedanken über das Alleinreisen, erlebt Höhen und Tiefen auf dem Jakobsweg, lernt das gegensätzliche und bunte Leben in Indien kennen, erfährt deren grenzenlose Freundlichkeit und Hilfsbreitschaft, erfährt etwas über die Vielfalt und Schönheit Kolumbiens, über China, Griechenland, Malawi, Sansibar u.v.m.
Wer mit Ani reist, der macht sich mit ihr Gedanken, der taucht mit ihr tief ein in die Geschehnisse und lernt ihren Weitblick und ihre Offenheit schätzen. Nicht immer läuft alles so, wie man es sich wünscht. Offen berichtet sie auch über die Schattenseiten, über Vorurteile, über Rassismus und Schubladendenken.
Sehr berührend ist auch der letzte Text „Heimat oder warum wir gehen“. Was bewegt uns dazu, zu gehen? Warum haben wir so Fernweh, wenn wir zuhause sind. Warum bekommen wir Heimweh, wenn wir unterwegs sind. Was bringt uns das Reisen? Die Antwort muss in der Tat jeder für sich selbst finden. Aber das Reisen kann einem helfen, genau diese Antwort zu finden. Reisen prägt und formt unseren Charakter, macht uns mutig und neugierig. Auf Reisen lernen wir uns selbst am besten kennen.
„Wer nicht wegfährt, kann auch nicht heimkommen“
Ani schafft es ganz wunderbar, das Fernweh zu wecken. Unaufgeregt sind ihre Texte, frisch und wunderbar zu lesen. Persönlich und ehrlich. Aufzeigend, ohne mit dem erhobenen Finger belehrend zu wirken, vermittelt sie, was bewusstes und nachhaltiges Reisen bedeuten kann, wie es uns beeinflussen kann. Einfach mal einen Blick über den Tellerrand wagen, Neues ausprobieren, sich von unnötigem Ballast trennen und losziehen, mit offenen Augen seine Umwelt und seine Mitmenschen wahrnehmen und kennenlernen ….und einfach glücklich sein.
„Glücklich sei bedeutet mutig sein, bedeutet authentisch sein, bedeutet Gefühle zulassen, bedeutet glücklich sein.“
Ich hatte Zuhause auf dem Sofa begonnen, das Buch zu lesen. Stoppte dann aber ganz bewusst und beschloss, es mit auf eine Reise zu nehmen. Gesagt - getan. Und so habe ich nun die letzten Seiten am Meer sitzend genossen. Nach der letzten Seite habe ich das Buch zugeschlagen, über die schier endlose Weite des Meeres geblickt und war … einfach glücklich.
Bücher wie diese bewegen etwas in mir, bringen ein weiteres Steinchen ins rollen, wirken und verändern mich. Nachhaltig. Und darüber bin ich glücklich.
"Die meisten Menschen sind gut. Wollen mit alldem nichts zu tun haben. Sind friedlich wie jeder andere auch, wollen glücklich sein und sicher leben. Die Welt und ihre Menschen sind gut." (Seite 87)
© Text und Fotografien: 2017, Alexandra Stiller
2017, TB, 288 Seiten, ISBN 978-3-442-17672-4
[alexandra]