Ein Kriminalroman mit besonderem Humor
In der idyllischen Kleinstadt New London, Connecticut, wird Connor Raposo zufällig Zeuge eines grässlichen Unfalls zwischen einem Laster und einem Motorrad, bei dem der Biker eindeutig den Kürzeren zieht. Und ohne recht zu wissen, warum, gerät Connor im Lauf der nun folgenden Ereignisse von einer Kalamität in die nächste. Morde geschehen, rätselhafte Frauen und rabiate Ganoven kreuzen seinen Weg – und er muss zusehen, wie er aus der ganzen Sache wieder heil herauskommt. [© Text und Cover:
C.Bertelsmann Verlag]
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Stephen Dobyns Geschichte beginnt nicht gerade zimperlich. Im Gegenteil: die Schilderung des Unfalls ist ziemlich drastisch. Der arme Motorradfahrer verteilt sich großflächig auf der Straße, und ich bin froh, da nicht dabei zu sein. Mit diesem intensiven Anfang zieht das Buch jedenfalls gleich meine volle Aufmerksamkeit auf sich.
Nachdem die Detectives Vikström und Streeter die Ermittlungen aufnehmen, wird schnell klar, dass das, was nach einem tragischen Unfall aussieht, keineswegs Zufall ist. Es beginnt eine klassische Krimigeschichte, in der wir wie die Polizisten über die wahren Hintergründe rätseln. Es sind recht viele Figuren in die Handlung verstrickt, die ständig in Bewegung sind. Das macht das Spiel interessant und wenig durchschaubar.
Es gibt zwei Dinge, die den Kriminalfall zu einem ungewöhnlichen machen. Zum einen sind das die Protagonisten. Wenn die Interessen von Möchtegern-Gangsterbossen, Kleinganoven, Obdachlosen, Fahndern und ihren Ehefrauen aufeinanderprallen, löst das jede Menge Konflikte mit Gewaltpotenzial aus. Für jeden einzelnen ist sein Ansinnen das absolut Naheliegende. Der Autor lässt sich die nötige Zeit, um die Beteiligten ausgezeichnet zu charakterisieren. Die Denkweisen und Schlussfolgerungen sind dabei sehr amüsant.
Das zweite Besondere ist Stephen Dobyns Schreibstil. Er verwendet immer wieder ungewöhnliche Sprachwendungen, die eine ordentliche Portion Humor mitbringen. Seine Gedankenspiele und Abschweifungen sind so ausgefallen wie clever. Gleichzeitig übertreibt er es damit aber nicht, er bringt damit durchaus auch die Handlung voran.
„Sie saßen im Vernehmungsraum: ein grauer Tisch, graue Plastikstühle, graue Wände und ein Glasfenster. Auf einer Skala von eins bis zehn würde man den Charme-Pegel dieses Zimmers unter null verorten. Das einzige Bild an der Wand war ein NO SMOKING-Schild. Es stammte nicht von Andy Warhol." (S. 356)
Von dem ulkigen Cover darf man sich übrigens nicht täuschen lassen: Katzen spielen im Buch keine Rolle. Da geht es eher um Hunde, Beagles, genaugenommen. Und nein, es kommen keine Tiere zu Schaden (soweit ich mich erinnere).
Persönliches Fazit
„Ist Fat Bob schon tot?" erzählt eine interessante Kriminalgeschichte, besticht aber hauptsächlich durch eigenwillige Charaktere und vor allem durch einen ausgefallenen Schreibstil. Mir gefällt Stephen Dobyns Humor sehr, ich habe mich gut amüsiert. Wer etwas skurrile, nicht zu abgedrehte Geschichten mag, sollte einen Blick riskieren.
© Rezension: 2017, Marcus Kufner
Ist Fat Bob schon tot? | Stephen Dobyns | C.Bertelsmann Verlag
2017, gebunden, 464 Seiten, ISBN: 9783570102305
Deutsch von Rainer Schmidt
[marcus]
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