»Ich muss mich erinnern, um sie zu finden.«
Eine junge Mutter kämpft darum, ihr Gedächtnis wiederzuerlangen - während die Welt sie für die Mörderin ihres Kindes hält.
Nach einem Autounfall erwacht Estelle Paradise im Krankenhaus und kann sich an nichts erinnern. Man hat sie in einer tiefen Schlucht aus dem Wrack ihres Wagens geborgen - schwer verletzt. Doch nicht alle Verletzungen stammen von dem Unfall: Es hat auch jemand auf Estelle geschossen. Wer? Nur sehr langsam dringt die wichtigste Frage in ihr Bewusstsein: Wo ist Mia, ihre sieben Monate alte Tochter? Sie war nicht mit im Unfallwagen. In einem schmerzlichen Prozess kehrt Estelles Erinnerungsvermögen zurück: Mia war schon drei Tage vor dem Unfall aus ihrem Apartment in New York verschwunden. Und Estelle wird auf einmal vom Opfer zur Hauptverdächtigen. [© Text und Cover:
dtv Verlag]
[mk] Es gibt Frauen, die scheinen dafür gemacht zu sein, Mutter zu sein. Sie scheinen schon beim ersten Kind alles im Griff zu haben und jedes Problem im Handumdrehen lösen zu können. Das ist natürlich ein Eindruck, der täuschen kann. Estelle ist jedenfalls keine von ihnen. Mia schreit viel. Der Arzt sagt, das sind Koliken, das geht vorbei. Estelle spürt die Blicke der anderen, auch von ihrem Mann, die stimmen Vorwürfe, sie solle sich richtig um Mia kümmern. Das will sie ja, aber sie ist immer mehr übermüdet, überfordert und mit den Nerven am Ende, und sie fühlt sich allein gelassen.
Eines Nachts ist Mia verschwunden.
Da es keinerlei Einbruchsspuren gibt, glaubt kaum jemand an eine Entführung. Estelle hat selbst keine Erinnerungen daran, nach dem Autounfall leidet sie an einer Amnesie. Sie hat auch keine plausible Erklärung und zweifelt an ihrem Verstand. Stimmt es tatsächlich, was viele vermuten – dass sie ihre Tochter umgebracht hat? Das verrät uns Alexandra Burt natürlich nicht gleich. Das Buch ist aus Estelles Sicht geschrieben, und mir geht es wie ihr: immer wenn eine Auflösung schlüssig erscheint, stellt sie sich gleich wieder als falsch heraus. Das erhält die Spannung.
Wie grausam muss das sein, wenn das eigene Kind plötzlich verschwunden ist, wenn das Gefühl der Sicherheit und Geborgenheit auf einen Schlag weg ist? Diese emotionale Komponente bleibt bei REMEMBER MIA zwar nicht völlig außen vor, ist aber kein tragendes Element. Die psychologische Seite steht mehr im Fokus. Hat die Mutter das Kind getötet und verdrängt nun, bewusst oder unbewusst, die Tat?
Mit der Hoffnung, dass ihr Gedächtnis wieder zurückkommt, begibt sich Estelle in psychiatrische Behandlung. Es scheint auch zu gelingen, Fragmente erscheinen wieder und helfen ihr und den Lesern, etwas Licht ins Dunkel zu bringen. Das ist zwar dramaturgisch ein simpler Kniff, aber er funktioniert.
Persönliches Fazit:
REMEMBER MIA ist ein gelungener Psychothriller. Hat Estelle tatsächlich ihre Tochter getötet? Das ist für sie und für mich als Leser die entscheidende Frage. Mit seinem guten Spannungsbogen und dem flüssigen Schreibstil hat mich Alexandra Burts Debütroman gut unterhalten.
© Rezension: 2016, Marcus Kufner
Remember Mia | Alexandra Burt | dtv Verlag
Deutsch von Susanne Goga-Klinkenberg
22.04.2016, Taschenbuch, 384 Seiten, ISBN: 9783423261012
[marcus]