[Kolumne] Kalimera: ein Gruß aus Griechenland!


Aufgelesen.
Wolfgangs Zeit- und Buchgedanken #2


"Und irgendwann bleib i dann dort
Lass' alles lieg'n und steh'n
Geh' von daheim für immer fort
Darauf geb' i dir mei Wort
Wieviel Jahr' a noch vergeh'n
Irgendwann bleib i dann dort"

So lautet der Refrain eines Songs einer bekannten österreichischen Gruppe. In ihrer Hymne auf Hellas geben sich die Musiker hemmungslos dem gepflegten Fernweh hin, beschwören einen Sehnsuchtsort an der Ägäis. 
Ähnlich wie Udo Jürgens mit "Griechischer Wein" vermitteln sie angenehme musikalische Trunkenheit, schicken Sonnenstrahlen gepaart mit griechischer Gelassenheit durch die Lautsprecher.

"Die Sunn wie Feuer auf der Haut
Du riechst das Wasser und nix is laut"

Zahlreichen Gestalten und Begebenheiten der griechischen Mythologie, von der Odysee über den Augias-Stall zur Sisyphos-Arbeit wurden zu geflügelten Worten. Weißgetünchte Häuser mit flachen Dächern, die sich vor endlosem Azurblau an einen Berghang schmiegen, Tsatsiki und Ouzo, Sirtiaki, Oliven mit Schafskäse, wir alle kennen die Klischees und - seien wir ehrlich - schätzen es, in ihnen zu schwelgen. Wir träumen uns dorthin, wo die Temperaturen das Leben verlangsamen, Alltägliches relativieren. Aber ist es das Land selbst mit all seinen kulturellen, gesellschaftlichen Ausprägungen, nach dem wir uns sehnen, oder vielmehr eine Idelavorstellung davon? Der Soziologe Erwin Kurt Scheuch formuliert pointiert: "Auf Reisen suchen viele Deutsche nicht das fremde Land sondern Deutschland mit Sonne".

"Nach zwei, drei Wochen hab i's g'spürt
I hab das Lebensg'fühl dort inhaliert"

Gerade das deutsch-griechische Verhältnis gilt angesichts der letzten Wochen als belastet. Einen Beitrag zur Entspannung leistet da der satirische Roman "Highway to Hellas" von Arnd Schimkat. Wenn ein Kreditmanager zur Begutachtung von Sicherheiten vor Ort auf die fiktive Insel Paladiki geschickt wird, begegnen einander die sprichwörtliche deutsche Pünktlichkeit und die noch sprichwörtlichere griechische Lässigkeit. Wobei ... "begegnen" ist hier möglicherweise euphemistisch, die resultierenden kulturellen Mißverständnisse entladen sich im Minutentakt beim Leser abwechselnd in Schmunzeln und dem Wunsch, sich verschämt unter einem breitkrempigen Sonnenhut zu verstecken.

"Du sitzt bei an Olivenbaum
Und du spielst di mit an Stein
Es is so anders als daheim"

Aber wie gestaltet sich der griechische Alltag abseits der Satire tatsächlich? Davon weiß der
inzwischen auch bei uns bekannte Autor Petros Markaris zu berichten. Anhand politisch brisanter Mordfälle wirft  er in bester Krimi-Manier einen Blick auf die verstopften Straßen seiner Hauptstadt, wo die Stimmung angesichts der Wirtschaftskrise zwischen ohnmächtiger Wut und Resignation schwankt.
In seinem 2012 bei Diogenes erschienenen Roman "Faule Kredite" schockieren Videos enthaupteter Bankmanager die Bevölkerung. Wer drückt hier seinem Unmut über das wirtschaftliche Ungleichgewicht derart radikal aus? Und ist die Empörung einiger Zeitgenossen darüber wirklich aufrichtig? Auch wenn dem Autor, Sohn eines armenischen Vaters und einer griechischen Mutter, vorgeworfen wird, auf seine Weise aus der derzeitigen Situation zu profitieren, haben wir ihm für einen facettenreicheren Einblick in die griechische Seele als wir ihn in den Nachrichten erfahren, zu danken.


Politische Diskussionen sind ohnehin bereits genug geführt, liebe Leserin, lieber Leser, wenn Du hingegen Bekanntschaft mit den landschaftlichen und kulinarischen Schönheiten zwischen Korinth und Kreta schließen konntest, laß' uns träumen, laß´ uns daran teilhaben.
Erzähl uns von Deinen Erlebnissen!

Freudiges Weiterlesen!

© Wolfgang Brandner 



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