Petra Hartlieb lebt gemeinsam mit ihrer Familie in und über einer Buchhandlung. Ihrer eigenen. Aus einer Schnapsidee heraus bemühte sie sich im Urlaub gemeinsam mit ihrem Mann um eine gerade geschlossene Traditionsbuchhandlung in Wien. Von einem auf den anderen Tag kündigte sie ihren Job und begann mit ihrer Familie ein neues Leben in einer neuen Stadt, ohne zu wissen, worauf sie sich einlässt. Im Herzen ist Petra Hartlieb noch immer Hippie geblieben, auf dem Papier ist sie aber nun schon seit zehn Jahren Unternehmerin.
Aus der Vita der Autorin: »Petra Hartlieb wurde 1967 in München geboren und ist in Oberösterreich aufgewachsen. Sie studierte in Wien Psychologie und Geschichte und arbeitete danach als Pressefrau und Literaturkritikerin in Wien und Hamburg. Seit 2004 betreibt sie mit ihrem Mann eine Buchhandlung in Wien. Gemeinsam mit Claus-Ulrich Bielefeld ist sie das Autorenduo einer Krimireihe, die im Diogenes-Verlag erscheint.«
Ein Urlaub in Wien sollte ihr ganzes Leben verändern. Denn während dieses Urlaubs entdecken Petra Hartlieb und ihr Mann Oliver eine kleine Traditionsbuchhandlung, noch ganz im Design der Siebziger Jahre, die plötzlich geschlossen wurde. Gute Lage und Stammkundschaft vorhanden - sie beginnen in Gedanken von ihrer eigenen Buchhandlung zu schwärmen, das wäre doch ein Ding! Oder doch eher eine Schnapsidee? Aber so ein unverbindlicher Besichtigungstermin könnte doch drin sein. Vierzig Quadratmeter Buchhandlung und im Hinterzimmer führt eine gusseiserne Wendeltreppe nach oben in eine dazugehörige kleine Wohnung. Unschlüssigkeit macht sich breit, zumal beide ja einen guten Job in Hamburg haben, die Kinder dort ebenfalls gut versorgt sind und man für diese Buchhandlung doch einen Kredit würde aufnehmen müssen. Durchstarten von Null auf - neuer Wohnort, neue Freunde, neuer Job - und keine Absicherung, ob es wirklich funktionieren würde. Und was dann?
Erst einmal zurück nach Hamburg, denn der Alltag ruft - aber die Idee bleibt unbewusst im Hinterkopf. Und nach einen etwas feucht-fröhlichen Abend mit Freunden geben sie spontan ein Angebot ab. Eigentlich nur so zum Spass - wer kann auch damit rechnen, dass sie tatsächlich den Zuschlag bekommen würden?! Nun ist es passiert - sie haben diese kleine, von Grund auf renovierungsbedürftige Buchhandlung in Wien gekauft! Petra und Oliver realisieren: jetzt beginnt ein neuer Lebensabschnitt, ein recht ungewisser noch dazu, aber doch irgendwie aufregend. Ob die Kinder das auch so sehen?
Für mich als Leser war es unglaublich faszinierend, Petra und Oliver Hartlieb auf diesem durchaus sehr mutigen neuen Lebensweg zu begleiten. Ein jeder Büchernarr träumt natürlich immer wieder gerne den Traum von einer eigenen kleinen, schnuckeligen Buchhandlung. Auch wenn man im Hinterkopf ja weiß, dass dieser Beruf wahrlich kein Zuckerschlecken ist, überwiegt in der Vorstellung natürlich der Reiz von der totalen Idylle in der Welt der Bücher.
Wie hart und steinig der Weg zur Erfüllung dieses Traumes sein kann, zeigen Petra und Oliver uns schonungslos auf. Arbeiten quasi rund um die Uhr, denn wenn die Türe der Buchhandlung geschlossen wird für die Kunden, geht im Hintergrund das Geschäft kräftig weiter. Regale einräumen, Bücher-Bestellungen sortieren, Buchhaltung machen, Verlagsvorschauen sichten und natürlich auch immer wieder einen Blick in die Leseexemplare werfen. Während des Tages bleibt dafür nicht viel Zeit, denn Personal dafür muss man sich auch erst einmal leisten können. Ach ja, die Renovierungsarbeiten nicht zu vergessen, die nebenbei laufen...
"Und erklären kann man das Ganze wahrscheinlich nur mit dem Begriff Leidenschaft. Man könnte vielleicht auch verrückt dazu sagen. Denn ganz normal ist es wohl nicht, wenn man nach einem Zehnstundentag, an dem man gefühlte zweihundert Bücher aller Genre nacherzählt hat, am Küchentisch sitzt, völlig begeistert die Vorschaupakete von Rowohlt und Hanser aufreißt und sich über einen neuen Auster oder T.C. Boyle freut, als hätte man noch kein einziges Buch auf dem Nachttisch liegen. Es ist eine Sucht [...]" ~ Zitat Petra Hartlieb, Seite 68
Aber auch in dem Bereich entwickelt sich alles weiter, dennoch wird man nicht reich. Das Weihnachtsgeschäft muss es richten - an Schlaf ist natürlich in dieser Zeit kaum noch zu denken. Aber die Hartliebs haben gute Freunde gefunden. Freunde, die ihnen , wann immer es geht, tatkräftig zur Seite stehen und sie sich auch irgendwann nicht mehr scheuen, diese freundlichen Angebote anzunehmen. Kräftezehrend ist es, sie werden mehr als einmal an ihre persönlichen Grenzen getrieben, aber: sie halten durch, sie beißen sich durch! Und bereuen es nicht. Die Buchhandlung ist und bleibt ihr Traum und sie Leben ihn weiter, egal wie hart die Zeiten zwischendurch sind. Irgendwann zahlt es sich aus.
Ich habe oftmals regelrecht mitgefiebert und die Daumen gedrückt, dass sie es schaffen und ihren Traum wirklich sorgenfrei leben können. Nachdem es zur Buchhandlung dann auch eine kleine Website gab - man muss ja mit der Zeit gehen - habe ich mich direkt an den PC gesetzt und nach der der Seite gegoogelt und bin fündig geworden. In diesem Moment realisiert man auch wieder richtig, dass man hier keinen Roman liest, sondern als Leser am realen Leben einer motivierten und äußerst sympathischen Familie teilnimmt. Ich kann nur immer wieder meinen größten Respekt vor ihrer Entscheidung aussprechen und las mit großer Bewunderung, wie sie ihren neuen Lebensalltag meistern und in den Griff bekommen. Dafür bedarf es wahrlich einen starken Willen und einen unerschütterlichen Glauben. Besonders faszinierte es mich, das Frau Hartlieb - quasi nebenbei - noch mit einem Freund gemeinsam an einem Kriminalroman geschrieben hat. Ich frage mich heute noch, wann sie dafür noch etwas Zeit herausschinden konnte, ehrlich bemerkenswert! Mittlerweile ist schon der dritte Krimi des Autorenduos im Hause Diogenes erschienen.
Persönliches Fazit
Petra und Oliver Hartlieb zeigen uns auf, dass man im Leben für seine Träume einstehen soll, dass es sich lohnt, dafür zu kämpfen - ganz getreu dem Motto: »lebe deinen Traum, träume nicht dein Leben«. Auch wenn der Weg oftmals steinig ist und ein Erfolg auch nicht unbedingt gleich abzusehen ist, lohnt es sich, dranzubleiben, nicht aufzugeben. Nur wer sich traut, wird herausfinden, ob es funktioniert. Nichts wird einem geschenkt im Leben und gerade solche Schritte fordern den ganzen Mut. Aber es sind die vielen kleinen Glücksmomente, die einen bestärken, einen antreiben, nicht aufzugeben. Weitermachen lautet die Devise. Weitermachen, weil man tief im Herzen liebt, was man tut!
Liebe Familie Hartlieb - Buchhandlungen wie die Ihre sind es, die uns Büchernarren glücklich machen. Es gibt nichts Schöneres, als eine Buchhandlung zu betreten, in der man das Herzblut, die Leidenschaft dahinter spürt. Bitte behalten Sie Sich immer diese Energie, diese Leidenschaft immer bei - ihre Kunden werden es Ihnen immer danken.
© Rezension: 2014, Alexandra Zylenas
»Meine wundervolle Buchhandlung« - Petra Hartlieb - Dumont Verlag
September 2014 - Gebunden mit Schutzumschlag, 208 Seiten
ISBN13: 978-3-8321-9743-8