#LiterarischerKaffeesatz | Wie alles begann ...





Euer Themenwunsch aus dem Januar: Wie alles begann ...

Wer meinen Instagramaccount schon länger verfolgt, kennt sicher schon die ein oder andere Geschichte aus meiner Lese(r)biografie. Zusammenhängend habe ich noch nie wirklich darüber geschrieben – es ist eine Entwicklung, die viele meiner Kunden immer und immer bestaunen. Heute erfahrt ihr also diese Geschichte und lernt dabei einige meiner absoluten Herzensbücher kennen. Bücher, die mich geprägt haben, die meine Leselust geweckt habe, und die mich zu dem gemacht haben, der ich heute bin…
Bevor ich richtig loslege, möchte ich Alex und dem ganzen Team vom Bücherkaffee für die Aufnahme und die Möglichkeit, mir endlich längere Texte von der Seele schreiben zu können, danken.

Will der Junge nichts Vernünftiges machen?

Aufgewachsen bin ich in einem Viertel von Trier, das viele meiner späteren Schulfreunde abends nicht freiwillig betreten hätten. Für alle, die sich nicht in Trier auskennen – Neukölln wäre wohl ein guter Vergleich. Bücher gab es eigentlich keine bei mir zuhause, bzw. waren sie Mangelware.  Von 40 Grundschulkindern war ich eines von Zweien, die das Gymnasium besuchen durften – und somit wurde ich das allererste Familienmitglied überhaupt, welches das Abitur machte – als ich meiner Familie eröffnete, dass ich studieren werde, war die Reaktion like: „Will der Junge nichts Vernünftiges machen?“ Als ich mein Studium abbrach, kam der nächste Schock – eine Ausbildung zum Buchhändler? Ähnlich schockierend. Kurzum: „Lesen“ war (und ist) kein allzu beliebtes Hobby in Trier Nord.
Nun gut, ich schweife ab – zurück zu den Büchern – meine erste Erinnerung ist Preußler´s Die kleine Hexe. Die wurde uns nämlich im Kindergarten im Stuhlkreis vorgelesen.


Die Episode rund um den Ochsen Korbinian könnte ich wohl heute noch aus dem Kopf rezitieren. Dazu kann ich auch nur sagen: Hier bildete sich auch schon zum ersten Mal der Nerd in mir heraus: Der Legende nach saß ich, während die anderen Kindern spielten, auf einem Stuhl, fuhr mit meinen Fingern die Zeilen entlang und „las“ vor – ohne lesen zu können – offensichtlich konnte ich mir das alles auswendig merken und so „vorlesen“. Meine Kindergärtnerin war total aus dem Häuschen. Ansonsten hatten wir nur noch den Michel aus Lönneberga zuhause – mehr „klassische“ Kinderliteratur habe ich in meinen frühen Jahren nicht konsumiert. Ich habe viel, viel fern gesehen – und Comics gelesen – ich habe hunderte von „Gespenster-“ und „Spukgeschichten“ gehabt – echter Schund – aber ich habe sie wie verrückt geliebt und so meiner „Horror-Leidenschaft“ schon früh fröhnen können.

Die Ducks und andere Guilty-Pleasures

...und natürlich die lustigen Taschenbücher (die ich heute noch besitze) – auch da eine frühe Erinnerung, ich stand immer früh morgens am Wochenende mit meinem Vater auf – dann fuhren wir zum Angeln. Nun ja, ER angelte, ICH saß auf einer Decke daneben und versank in meinen Taschenbüchern – ich habe jedes davon wahrscheinlich an die 10 x gelesen… mein allererstes LTB war „...die Ducks, vom Winde verweht“. Heute noch große Liebe. 
Irgendwann in der Grundschule entbrannte meine Liebe für den kleinen Vampir… Ich erinnere mich noch, dass wir in der Buchhandlung (in der ich heute arbeite) die ersten fünf Bände bestellten und ich ganz aufgeregt war und es kaum abwarten konnte, dass wir diese endlich abholen konnten…


In meiner Teenagerzeit fröhnte ich einem anderen Guilty-Pleasure: Mistery und Mistery Thriller – monatlich erscheinende Heftchen aus dem Cora Verlag - ultra trashig - aber auch die habe ich wie verrückt geliebt – Erinnerungen an heiße Sommer, Schwimmbad, Chlor und Wasserflecken auf billigem Papier… ich hatte diese Hefte sogar abonniert! Immer war leicht abzusehen, wohin die Geschichte ging, aber diese uramerikanischen Stories haben einfach mein Herz gewonnen – wahrscheinlich liebe ich heute deswegen Serien wie „Pretty little liars“ und „Gossip Girl“ immer noch so sehr. Ich blieb solchen Heftchen treu, wechselte aber dann irgendwann zu Bastei-Lübbe und direkt zu Jason Dark und "John Sinclair" - „Judys Spinnenfluch“ - nach all den Jahren immer noch mein Highlight….

Ein magischer Moment

Irgendwann fand ich dann doch mal ein Buch zuhause – meine lesende Tante aus Hamburg hatte es wohl einmal meiner Mutter dagelassen … Wochenlang schlich ich um diesen dicken Wälzer herum – ich muss 15/16 gewesen sein… eine seltsam entrückte Frau auf dem Cover … mit einer Stola bekleidet und eine riesige Schlange, die sich um sie schlängelt… Im Hintergrund eine brennende Stadt – und in großen Lettern: „Die Feuer von Troia“ - Marion Zimmer Bradley. Irgendwann blieb der Fernseher abends aus und ich griff zu diesem Buch – es war wohl ein magischer Moment – ich versank komplett in diesem 600 Seiten Wälzer und wenige Nächte später hatte ich die Geschichte der Seherin Kassandra, Königin & Amazone Hekabe, Paris und Helena und dem Untergang von Troia verschlungen. 


Was mir damals nicht so wirklich bewusst war, allenfalls unterschwellig, war die feministische Sicht Zimmer Bradleys - geprägt hat sie mich trotzdem, noch heute bin ich gerne von starken Frauen umgeben. Aber wieder schweife ich ab...

Meine Lust am Lesen war nun wirklich endgültig geweckt.

Es folgten weitere Schinken- natürlich: „Die Nebel von Avalon“-Trilogie, Clive Barker „Imagica“, Stephen King´s „Es“ und „Shining"... Ich war nun immer öfters in Buchhandlungen und in der Bücherei anzutreffen und verschlang alles, was gut klang, was ich sah, was mir passte - Horror, Krimis, Science Fiction. Minette Walters - „Die Schandmaske“ (!), Martha Grimes - die Inspector Jury-Reihe, Ray Bradbury: „Der illustrierte Mann“, „Fahrenheit 451“, Ingrid Noll - "Der Hahn ist tot" und und und…


Auch der Deutsch- und Englischunterricht gefiel mir immer besser, wenn Schullektüren anstanden. Salinger, Der Fänger im Roggen / Heinrich Böll, Ansichten eines Clowns / Shakespeare, Hamlet /  Goethe, Faust / Fontane, Irrungen, Wirrungen / Atwood, Der Report der Magd / Marlen Haushofer, Die Wand / Kafka, Die Verwandlung / Sophokles, Antigone / Gotthelf, Die Schwarze Spinne – eigentlich gibt es keine Schullektüre, die ich nicht komplett gelesen habe.  Nachdem mein Studium mich nicht so wirklich begeisterte, gab es für mich also erst einmal auch nur eine Option: 

Ich lese gerne – warum werde ich also nicht Buchhändler?

Im Bewerbungsgespräch musste ich eine Buchbesprechung von meinem zuletzt gelesenen Buch machen: „Leider“ hatte ich über die langweiligen Weihnachtsferien „Vom Winde verweht“ gelesen ...nun gut, mein (zukünftiger) Chef war von meiner Besprechung offensichtlich so begeistert, dass ich danach direkt noch eine machen durfte/sollte – ich dachte schon, jetzt sei eh alles vorbei (ich hatte mich nämlich auf alles vorbereitet (sogar die Firmengeschichte hätte ich runterbeten können) – aber auf eine Buchbesprechung leider nicht) und sagte: „Dann würde ich gerne mein Lieblingsbuch vorstellen.“ - er schaute etwas verdutzt, als ich sagte: „Alice im Wunderland“ - ab da war ich nur noch der „Alice-Typ“ in der Firma (so wurde ich wohl auch schon in einer Mitarbeiterversammlung angepriesen - #nerdalarm). Aber offensichtlich gefiel es ihm.


Und was musste ich in den ersten Wochen meiner Ausbildung lernen?

Mein Lesepensum war ein Witz. Was die Kollegen vorlegten, war der Wahnsinn--- Was ich heute bin und wo ich heute stehe, da musste ich erst hineinwachsen. Aber das ist sicherlich Stoff für einen zukünftigen Blogbeitrag hier im Bücherkaffee!

Verratet mir: Mit welchem Buch bzw. mit welchem Erlebnis hat EURE Leseliebe begonnen? 


© 2018, Florian Valerius @LiterarischerNerd




Was ist das eigentlich - #literarischerkaffeesatz? Ich schreibe jeden Monat über Themen, die IHR mir vorschlagt. Das können Rezensionen zu Büchern, Themenwelten, Buchhandel, Geschichten aus meinem Leben, Gedanken sein ... Der Fantasie sind dabei keine Grenzen gesetzt - fordert mich heraus! Monatlich sammele ich nach Veröffentlichung des aktuellen Posts eine Woche lang EURE Themenwünsche auf meinem Instagram-Account @Literarischernerd oder direkt hier in der Kommentarfunktion. Wir wählen zwei Themen aus und stellen diese in meinen Instagram-Stories 24h zur Abstimmung zur Verfügung. Ich bin gespannt auf Eure Vorschläge! 



[florian]

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