Rezension: Über den wilden Fluss | Philip Pullman

Die Vorgeschichte zu »Der Goldene Kompass«


Der 11-jährige Malcolm lebt mit seinen Eltern und seinem Dæmon Asta in Oxford und geht in dem Kloster auf der anderen Seite der Themse aus und ein. Als die Nonnen ein Baby aufnehmen, von dem keiner wissen darf, ist es mit der Ruhe in dem alten Gemäuer vorbei. Auch Malcolm schließt das kleine Wesen, das in großer Gefahr zu sein scheint, sofort in sein Herz und setzt alles daran, es zu schützen. Es heißt: Lyra Belacqua. Die Vorgeschichte zum Weltbestseller »Der Goldene Kompass« [© Text und Cover: Carlsen Verlag]

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Es ist schon einige Jahre her, dass Philip Pullman mich mit seiner „His Dark Materials"-Trilogie begeistert hat. Ich fand auch die Verfilmung von „Der Goldene Kompass", dem ersten Band, richtig gut. Jetzt startet mit „Über den wilden Fluss" eine neue Trilogie, die zeitlich vor der ursprünglichen spielt. Ich war gespannt darauf, ob Pullman meine Erwartungen erfüllen kann.

Die Geschichte spielt in England, allerdings nicht in dem England, das wir kennen. Es ist eine Art Paralleluniversum, das Pullman erschafft, in dem es weit mehr fantastische Dinge gibt als in unserer Welt. Das auffälligste sind die Daemonen, die mit den Menschen eine Symbiose eingehen. Jeder hat von Geburt an eines dieser Wesen in Tierform an seiner Seite. Es wird im Buch nicht groß erklärt, was es mit ihnen auf sich hat, das erfährt man im Laufe der Handlung. Auch das Alethiometer, wie ein goldener Kompass auch genannt wird, und seine schwer zu durchschauenden Eigenschaften spielen wieder eine Rolle. Diese Mischung aus Magie und Physik finde ich sehr spannend, das verschafft der Geschichte ein besonderes Flair.




Pullman nimmt sich viel Zeit für die Einführung seiner Charaktere und in die politischen Umstände. Die Kirche ist sehr mächtig im Land. Ihre Vollstreckungsabteilung, das „Geistliche Disziplinargericht", schüchtert die Bevölkerung ein. Es gibt aber auch eine Untergrundorganisation, die im Geheimen für die Freiheit kämpft. Mit der kommt auch Malcolm in Kontakt, als er Gerüchte hört, dass im benachbarten Kloster ein Baby aufgenommen worden sein soll. Das Baby ist Lyra, die in „Der Goldenen Kompass" die Hauptrolle spielt. Es ist aber nicht notwendig, die alte Reihe zu kennen, um den Ereignissen im neuen Buch folgen zu können. 

„»Wir werden einen Weg finden. Es gibt bestimmt einen, wir kennen ihn nur noch nicht.«" (S. 435)

Die Begegnungen, die den Plot aufbauen, sind zwar interessant, mir hat es aber zu lange gedauert, bis die Geschichte fahrt aufgenommen hat. Dann kann Malcolm allerdings seinen Mut beweisen, er begegnet mit seinen Gefährten mystischen Wesen und tödlichen Gefahren und er erlebt ein mitreißendes Abenteuer. Dranbleiben lohnt sich also. Bei Büchern, die fortgesetzt werden, besteht die Gefahr, dass sie mit einem Cliffhanger enden. Das tut uns Pullman nicht an, ich bin mit dem Ende sehr zufrieden und freue mich darauf, zu erfahren, wie es mit Malcolm weitergeht.

Persönliches Fazit

Nach einer zu langen Einführung nimmt „Über den wilden Fluss" richtig Fahrt auf, dann habe ich sehr mit Malcolm mitgefiebert. Es entwickelt sich ein fantastisches und actionreiches Abenteuer in einem Setting mit besonderem Flair, empfehlenswert nicht nur für jugendliche Freunde des Genres.

© Rezension: 2018, Marcus Kufner


Über den wilden Fluss | Philip Pullman | Carlsen Verlag
Aus dem Englischen von Antoinette Gittinger
2017, gebunden, 560 Seiten, ISBN: 9783551583932
ab 14 Jahren

[marcus]

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