Rezension: Smith & Wesson | Alessandro Baricco



Tom Smith und Jerry Wesson haben mit der Waffenfabrik nur die Nachnamen gemein. Echte Abenteurer brauchen keine Waffen. Die Habenichtse lernen sich bei den Niagarafällen kennen, wo sich der eine als Erfinder und Meteorologe, der andere als »Leichenfischer« verdingt. Und dann ist da noch die Journalistin Rachel, die der erste Mensch sein will, der einen Sturz von den Fällen überlebt. Zu dritt wollen sie der Welt eine unvergessliche Geschichte liefern und zu Helden werden. [© Text und Cover: Hoffmann und Campe Verlag]

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Nach dem fabelhaften Mr. Gwyn war ich schon gespannt auf Alessandro Bariccos neuestes Werk. Diesmal entführt er uns in das Jahr 1902 an den Rand der Niagarafälle. Die Freunde Tom und Jerry (wie kam er wohl auf die Vornamen?) gehen ihrer mehr oder weniger sinnvollen Beschäftigungen nach, als sie von der jungen Journalistin Rachel aufgesucht werden. Wobei die Bezeichnung „Journalistin" noch zu hoch gegriffen ist. Ihr Job bestand bisher hauptsächlich aus Kaffee kochen und ähnlichem. Jetzt ist sie hier, um sich mit einer Top Story zu etablieren.

„Es gibt keine Nachrichten an diesem aufsehenerregenden Arsch der Welt? In Ordnung. Dann werde ich die Nachrichten schaffen." (S. 32)

Kurzerhand spannt sie die Smith und Wesson ein, um den spektakulären Ritt über den Wasserfall zu planen. Was veranlasst Menschen zu solchen Taten, die jeder Vernunft entbehren? Für Rachel geht es nicht nur um einen Aufhänger für ihre Zeitung. Es geht auch darum, Spuren zu hinterlassen. Und fühlt man sich nicht auch lebendig, wenn man sich an der Grenze zum Tod entlang hangelt? 

„Wir hatten große Erwartungen an das Leben, und wir haben nichts zustande gebracht, wir sind dabei, ins Nichts abzurutschen, und das tun wir am Arsch der Welt, in einem miesen Loch, wo ein herrlicher Wasserfall uns jeden Tag daran erinnert, dass die Erbärmlichkeit eine Erfindung der Menschen ist und die Großartigkeit der normale Lauf der Welt." (S. 37)

Baricco hat diese Geschichte nicht in Romanform, sondern als Theaterskript inszeniert. Der Text besteht daher fast nur aus Dialogen. Die sind sehr pointiert und amüsant, ich hätte ihnen noch lange weiter folgen können. Leider ist das hübsche, in Leinen gebundene Büchlein recht kurz und damit schnell gelesen. Dafür ist kein Wort zu viel verschwendet, die drei Protagonisten verfallen nie in unnötiges Geschwafel.

Persönliches Fazit

Ein Ritt über die Niagarafälle als Metapher für das Leben. Alessandro Baricco hat einen Dialog erschaffen, der aberwitzig und sehr amüsant ist. Mich hat sein Büchlein wunderbar unterhalten, wegen mir hätten es gerne ein paar Seiten mehr werden können.

© Rezension: 2016, Marcus Kufner


Smith & Wesson | Alessandro Baricco | Hoffmann und Campe Verlag
Aus dem Italienischen von Annette Kopetzki
2016, gebunden, 112 Seiten, ISBN: 9783455405774


[marcus]

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