Rezension: Wir waren keine Helden | Candy Bukowski

"… Der eine, lange, unwiederholbare Moment. Einer von denen, die du dein ganzes Leben lang immer wieder mal vermisst. Der als verblichene Schwarz-Weiß-Fotografie irgendwo in deiner rechten Herzkammer steckt. Nicht im Portemonnaie wie all der andere, vermeintlich wichtige Kram. Das kleine, riesengroße Sepiaglück, mit den richtigen Menschen im richtigen Moment. Das man nicht halten kann, nur bewahren…"



„Wir waren keine Helden“ ist ein Coming of Age Roman, startend in den 80ern am „Arsch der Welt“, wo für Sugar mit dem Punker Pete, später auch mit Luke und Silver, Beziehungen für ein ganzes Leben beginnen. Eine rasante Reise durch das Reifen, Erwachsenwerden und Erwachsensein in vielen Etappen, oft im Grenzgang, immer auf der Suche nach stimmigen Antworten … [Text & Cover: © edel & electric Verlag]

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Candy Bukowskis autobiografischer Roman und gleichzeitig auch Debüt „Wir waren keine Helden“ nahm mich als Leserin mit auf eine ganz besondere Reise. Eine Reise, die in den 80ern begann und bis heute reicht. Meine Reisebegleiterin ist Candy Bukowskis Alter Ego Sugar, die mir Einblick in ihr Leben gewährt. Ein Leben, dass auf einem unscheinbaren Dorf, quasi mitten in der Pampa, beginnt und dem sie mit sechzehn endlich entfliehen mag. Es sind immerhin die 80er. Die wilde Freiheit ruft, das Leben ruft und es gibt so viel zu entdecken und Heldentaten wollen vollbracht werden.

Von der Jugend auf dem Dorf bis hin zur zu der Sugar, die sie heute ist - eine im Hier & Jetzt angekommene Frau in den Vierzigern - ist es ein weiter Weg. Ein Weg, auf dem so viel passiert und auf dem es so viele Abzweigungen gibt. Sugar hat keinen festen Plan, sie probiert aus, sie testet die Ehe, die jedoch scheitert, befreit sich, reißt sich los und stürmt weiter vorwärts. Raus aus dem Dorfleben, rein in die großen Städte. Sie findet sich immer wieder neu, testet aus, ändert den Kurs, nimmt neue Abzweigungen. Viele Hochs und Tiefs steuern das Leben, sorgen für neue Entscheidungen. Einige davon sind richtig, manche falsch. Aber es sind ihre ganz persönlichen Lebensentscheidungen, die sie Reifen und Erwachsen werden lassen. Aber manchmal muss man einfach auch Fehler machen im Leben um daran zu wachsen und neue Chancen ergreifen zu können. Das ist „Murphys Gesetz“ - oder „Heldenschicksal, wie Sugar sagen würde.
Nebenbei treffen wir natürlich weitere Reisebegleiter. Manche stoßen nur auf kurzen Etappen dazu, andere begleiten uns fast die ganze Zeit und werden Freunde fürs Leben, so wie zum Beispiel Punker Pete.

Mehr Zitate auf https://candybukowski.com


Sprachlich schonungslos, tiefgründig und sehr offen schreibt Candy Bukowski über das Leben und die Liebe, über das Erwachsenwerden und über das Suchen und Finden von Antworten.
Die ausdrucksstarke Sprache begeistert sehr und ich musste feststellen, dass ich wohl noch nie zuvor so viele schöne und vor allem treffende Zitate auf einmal in einem Buch markiert habe wie in diesem. Ich weiß nicht woran es lag, aber ich fühlte mich einfach verstanden. Bei so vielen gelesenen Sätzen musste ich nicken und denken: „ja, das sehe ich auch so“ und „das unterschreibe ich genau so!“.

Das Ganze wird zudem noch geprägt mit dem ganz unverwechselbaren Soundtrack der 80er bis heute. Jedes Kapitel beginnt mit einem Songtitel, der das jeweilige Jahr prägte. Ich habe mir diese Playlist direkt geladen und war begeistert über die Zusammenstellung. Phil Collins, Metallica, The Surviver, Aerosmith, Meat Loaf & Co warteten hier auf mich und während des Lesens habe ich immer wieder in die jeweiligen Songs gehört. Ich konnte selbst so viel Persönliches verbinden, bin ich doch selbst auch mit diesen Songs aufgewachsen. Diese hervorragende Symbiose von Playlist und Story machten das Buch zu einem echten Herzensbuch für mich.
Ich musste immer wieder kurz aufhören zu lesen um einfach mal lautstark mitzusingen und um in eigenen Erinnerungen zu schwelgen!

Persönliches Fazit

Ein hervorragendes Debüt über Selbstbefreiung, über die Suche nach einem selbstbestimmten Leben, über Mut und Freiheit, aber auch über das Scheitern. Ein Roman über unsere vielen kleinen und großen persönlichen (Helden)Taten, die unser aller Leben prägen und die uns zu dem machen, was wir sind. Eine ganz klare Leseempfehlung.

© Rezension: 2016, Alexandra Zylenas


Wir waren keine Helden | Candy Bukowski | Edel & Electric
2016, 236 Seiten, ISBN 978-3-96029-006-3


[alexandra]

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