Wolfgang Herrndorfs Kultroman nimmt uns mit auf eine Reise ohne Kompass und Karte durch die sommerglühende deutsche Provinz. Mit Sinn für überraschende Perspektiven übersetzt die Illustratorin Laura Olschok die Intensität des Augenblicks in bewegende Bilder.
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mk] Bereits im Jahr 2010 erschien TSCHICK beim Rowohlt Verlag und wurde ein großer Erfolg. Ich war damals auch begeistert von dem Buch, und die aktuelle Ausgabe der Edition Büchergilde hat mich gleich fasziniert, TSCHICK ist für mich auch eines der Bücher, die ich öfter als einmal lesen kann.
Der damals vierzehnjährige Maik erzählt aus seiner Sicht von dem Sommer, in dem er Andrej Tschichatschow, genannt Tschick, kennen lernte. Als der neu in seine Klasse kommt, geht ihm jeder aus dem Weg.
„Ich konnte Tschick von Anfang an nicht leiden. Keiner konnte ihn leiden. Tschick war ein Asi, und genau so sah er auch aus." (S. 46)
Als die Sommerferien beginnen und Maiks Eltern ihn für zwei Wochen allein im Haus lassen, kommt Tschick angefahren und die beiden freunden sich doch an. Tschick macht den Vorschlag, seine Verwandten in der Walachei zu besuchen, und da Maik nichts Besseres vorhat, machen sie sich mit einem geklauten Lada – und natürlich ohne Führerschein – auf den Weg. Auf eine Karte verzichten sie, und da sie die großen Straßen aus Angst, von der Polizei entdeckt zu werden, meiden, wird die Tour eine Irrfahrt durch die Pampa.
Dabei erleben sie eine Menge Seltsames und sie lernen skurrile Menschen kennen, worüber Maik sich immer wieder wundert. Genauso wundert er sich darüber, dass er sich vom grauen Langweiler zum (Anti)helden entwickelt. Durch Tschick lernt er, welche Möglichkeiten in ihm stecken. Und das trotz der familiären Schwierigkeiten, die im Buch aber nicht im Mittelpunkt stehen.
Für mich ist das Beste an TSCHICK in die Sprache. Die jugendliche Ausdrucksweise ist wunderbar frisch und Maiks Logik sehr speziell, das spricht mich schon auf den ersten Seiten an. Schon seine Bemerkungen zum Schulalltag sprühen vor Humor und machten mir viel Spaß.
Im September soll die Verfilmung in unsere Kinos kommen. Ich bin sehr gespannt darauf, was Regisseur Fatih Akin aus der Vorlage macht. Literaturverfilmungen gelingt es zwar selten, an das Buch heran zu kommen, aber anschauen werde ich ihn mir auf jeden Fall.
Die Illustrationen von Laura Olschok bereichern das Buch sehr. Sie hat die Stimmungen sehr gut eingefangen. Überhaupt ist der Edition Büchergilde die Ausstattung des Buchs hervorragend gelungen. Das edle Papier mit Vierfarbdruck,
der Farbschnitt und das
Gummiband machen es zu etwas Besonderem.
PERSÖNLICHES FAZIT
Ein toller Roman in angemessenem Gewand. Der Text ist mit seinem Humor und Tiefgang schon herausragend. Die hochwertige Aufmachung mit den gelungenen Illustrationen passen dazu und machen es zu einem ungewöhnlichen Leseerlebnis. Eine Empfehlung für alle, die besondere Bücher zu schätzen wissen, und auch zum Verschenken ist es sehr gut geeignet.
© Rezension: 2016, Marcus Kufner
Illustriert von Laura Olschok
1.06.2016, gebunden, 288 Seiten, ISBN: 9783864060632
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