[Klappentext] Amsterdam, 1630er Jahre. Helena Jans van der Strom arbeitet als Magd bei einem Buchhändler. Ein großes Glück für sie, denn sie kann lesen und schreiben und geht mit offenen Augen durch die Welt. Der neue Hausgast ihres Herrn fasziniert sie: Er arbeitet ununterbrochen, und Helena ist angewiesen, ihn „Monsieur" zu nennen. Der Fremde zieht viele Besucher an, und sie erfährt seinen echten Namen: René Descartes. Sie ist zu neugierig, um Distanz zu wahren. Und auch Descartes ist schon bald von ihrem Charme und Wissensdurst eingenommen. Sie verlieben sich, was unmöglich ist: Sie ist Calvinistin, er Katholik. Sie ist nur eine einfache Magd, er Europas aufstrebender Philosoph. Die beiden sind zwei kühne, mitreißende Geister, die sich von dem Standesdünkel des Goldenen Zeitalters in Holland nicht aufhalten lassen. [© Text und Bild: List Verlag]
Zwei Bedenken hatte ich, als ich anfing zu lesen: da die Protagonisten im 17. Jahrhundert lebten, hatte ich die Befürchtung, dass das Buch sprachlich entsprechend spröde geschrieben wäre. Zum anderen wäre es möglich, dass es sich in philosophischen Theorien verliert. Beides ist definitiv nicht so: der Text ist sogar äußerst frisch, es kommt mir so vor, als wenn die Ereignisse sich ganz aktuell abspielen würden. Und Philosophische Themen werden nur hin und wieder kurz erwähnt, wer hier Tiefgang erwartet, muss sich andere Quellen suchen.
Die Geschichte ist aus der Sicht von Helena geschrieben. Je mehr ich sie kennenlernte desto mehr bewunderte ich sie. Trotz der Widrigkeiten ihrer Zeit lässt sie sich nicht unterkriegen und kleinmachen. Dass eine Magd lesen und schreiben kann war damals sehr ungewöhnlich, denn Mädchen in diesem Umfeld durften nicht die Schule besuchen. Das muss man sich bewusst machen: Helena konnte beispielsweise keinen Kontakt mit ihrer Mutter halten, denn die konnte nicht lesen und schreiben, und an Papier, Feder und Tinte wäre sie auch nicht rangekommen, das konnte sich eine Näherin nicht leisten. Und das Telefon war noch nicht erfunden. In unserer Zeit ist man als junger Erwachsener auch ein Stück außen vor, wenn man bei What's App und co. nicht mitmachen kann.
Immer wieder bekommt sie von ihrem Umfeld ihre Grenzen aufgezeigt. Eine Magd, eine Frau, die Ideen hat und schreibt war für die Gesellschaft seiner Zeit nicht vorstellbar. Gut dass sich das bis heute verbessert hat. Beschämend ist es allerdings, wenn ich von einer Angestellten höre, die eine höhere Position nicht erhält, weil sie ja noch Kinder bekommen könnte. Da helfen die besten Gesetze nichts, da muss sich in manchen Köpfen noch was ändern.
Persönliches Fazit
Ein Buch über eine starke junge Frau, die sich von den gesellschaftlichen Widerständen ihrer Zeit nicht aufhalten lässt und ihren Weg geht. Mit einer flüssigen und frischen Sprache war es für mich ein kurzweiliges Lesevergnügen.
© Rezension: 2015, Marcus Kufner
Worte in meiner Hand – Guinevere Glasfurd – List Verlag
Aus dem Englischen von Marion Balkenhol
2015 / Gebunden / 432 Seiten / ISBN: 9783471351239
[marcus]
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