Der Mord an einem homosexuellen jungen Mann läßt den Londoner DI Sean Corrigan seine Ermittlungen aufnehmen. Seine eigenen Traumata ermöglichen es ihm, sich in die Gedankenwelt von Gewaltverbrechern zu versetzen und Tatorte zu lesen wie kein anderer. Schnell gelangen er und sein Team auf die Spur des aalglatten James Helier, der sich daran berauscht, seinen Verfolgern immer wieder zu entkommen. Zwischen ihm und Corrigan entbrennt ein beinhartes Duell ...
Noch relativ unbekannt ist der Debütroman des ehemaligen Metropolitan Police Detective Luke Delany. Wo Cover und Titelübersetzung eher an einen Thriller mit starker romantischer Komponente im Stile von Karen Rose oder Lisa Jackson erinnern, ist es der Sprecher des Hörbuchs, Martin Keßler, der diesen Geheimtip veredelt.
Im Gegensatz zu anderen Ermittlerpersönlichkeiten aus der Literatur leidet Sean Corrigan nicht an einer überstrapazierten Leber oder einer gescheiterten Ehe, sondern einer Vergangenheit, die jener der von ihm verfolgten Delinquenten ähnelt. Dabei gelingt des dem Autor, den Leser/Hörer nicht permanent mit der Nase darauf zu stoßen und dennoch die Schrecken aus Corrigans Kindheit zwischen den Zeilen lauernd präsent zu halten. Der Mißbrauch durch den eigenen Vater wird nicht zu einer speziellen Fähigkeit zur Verbrechensaufklärung verklärt, sondern stets als eine drückende Last empfunden.
Was dem Roman jedoch seine Spannung verleiht, ist die Auseinandersetzung zwischen Corrigan und Helier sowohl im Verhörraum, als auch auf den Straßen Lodons, wo der Verdächtige seinen Beschattern immer wieder entwischt. Obwohl Helier ein gefährliches Raubtier ist, das den Nervenkitzel des Katz-und-Maus-Spiels mit der Polizei liebt und ganz offensichtlich ein Doppelleben führt, vermag der Autor immer noch einen kleinen Rest von Zweifel ob der Identität des Mörders am Köcheln zu halten.
Dem Synchronsprecher von Nicholas Cage zu lauschen, ist wie die Heimkehr in einen Eispalast: Die Stimme vermittelt eine Vertrautheit wie sonst nur David Nathan oder Simon Jäger es sonst vermögen, und zugleich bringt sie mit schneidender Schärfe den Hörer zum Frösteln. Wer ein Déjà-Vu (oder -Ecouté) erlebt, wenn Keßler in erster Person durch die Gedanken eines Serientäters führt, der irrt nicht. Nachdem er bereits Paul Cleaves "Schlächter von Christchurch" zu furchterregendem Leben erweckt hat, besteht die Spannung zunächst darin, ob es dem Autor gelingt, sich von dem prominenten Neuseeländer abzuheben. Luke Delany dient der Blick durch die Augen des Mörders jedoch lediglich als Ergänzung, viel größeren Wert legt er auf die Ausgestaltung seines Protagonisten Sean Corrigan.
Mein persönliches Fazit
Ein entdeckenswerter Debütthriller gewürzt mit einer packenden Auseinandersetzung von hoher psychologischer Raffinesse.
© Rezension: 2014, Wolfgang Brandner
Gesprochen von: Martin Keßler
Spieldauer: 06 Std. 40 Min. (gekürzt Hörbuch)
Veröffentlicht: 18.07.2014
ISBN: 978-3-7857-4962-3
[wolfgang]