Er lebt ein Doppelleben. Sie plant minutiös ihre Rache. Denn sie hat nichts mehr zu
verlieren
In Jodis und
Todds Ehe kriselt es. Viel steht auf dem Spiel, auch das angenehme Leben, das
sich die beiden aufgebaut haben in ihrem luxuriösen Apartment mit Seeblick in
Chicago. Doch ihre Beziehung rast geradewegs auf einen mörderischen Abgrund zu:
Er, der systematische Betrüger und sie, die stillschweigende Verletzte. Die
schwindelerregend fesselnde Geschichte einer verhängnisvollen Partnerschaft,
die in den USA zu einem großen Überraschungserfolg wurde.
Jodi ist als
Psychotherapeutin tätig und Todd hat sich einen Namen als Bauunternehmer
gemacht. Die beiden leben schon viele Jahre als unverheiratetes Paar zusammen
und alles scheint seinen geregelten Gang zu gehen. Zusammen bewohnen sie ein
luxuriöses Apartment in Chicago und es mangelt ihnen soweit an nichts. Nur
Kinder haben sie keine - ein Thema dass doch öfter auf den Tisch kommt, denn
Todd hätte sehr gerne Nachwuchs - einen kleinen Erben, dem er seine DNA
weitergeben kann. Jodi jedoch scheut Bindungen dieser Art. Keine Ehe, keine
Kinder - dies gibt ihr ein Stück Freiheitsgefühl innerhalb der sonst "gut
funktionierenden" Beziehung. Jodi ahnt jedoch nicht, dass genau dieses
Stückchen Freiheit, auf dem sie so beharrt, einmal zu ihrem Verhängnis werden
würde...
Der Schein,
den sie nach außen wahren, trügt. Todd kann den weiblichen Reizen nicht
widerstehen und entwickelt sich zu einem notorischen Fremdgeher. Dies bleibt
auch Jodi nicht verborgen. Sie übersieht dies jedoch geflissentlich, fügt sie
sich diesem Schicksal und sorgt stattdessen dafür, dass Todd sich wohl fühlt,
wenn er nach Hause kommt. Sie bekocht ihn aufs Feinste, sorgt für die Routine
und bietet ihm eine Art Ruhepol. Er schätzt ihre Ruhe, die sie ausstrahlt.
Ihr Plan geht
auf - bis die junge, quirlige Studentin Natasha auf der Bildfläche erscheint. Todd
verliebt sich Hals über Kopf und es gehen Veränderungen in ihm vor. Aus einem
kleinen Techtelmechtel entwickelt sich immer mehr und als Natasha ihm
Neuigkeiten offenbart, muss Todd eine Entscheidung treffen. Jodi nimmt diese
Entscheidung gefasst auf, doch hinter der Fassade der stillen und zutiefst
verletzen Frau brodelt es gefährlich...
"Die
stille Frau" ist ein Roman, der - seinem Titel entsprechend - äußerst
still daher kommt. Wir erleben
die Entwicklung einer Beziehung, die über viele Jahre dem Alltagstrott zum
Opfer fiel. Routine, unausgesprochene Dinge, fehlende Gespräche. Das alles
funktioniert zwar, aber als das Leben plötzlich einen Ausbruch aus diesem
Alltag anbietet, greift Todd fast ohne Zögern zu. Lachen, Spaß haben, sich
plötzlich wieder jünger fühlen...all das löst dieses Gefühl aus, etwas verpasst
zu haben, plötzlich etwas nachholen zu müssen. Natasha tut seinem männlichen
Ego gut.
Immer
abwechselnd erhalten wir einen Einblick in das Psychogramm der Protagonisten
Jodi und Todd. Die jeweiligen Kapitel werden immer mit "Sie" und
"Er" betitelt und schaffen somit auch Distanziertheit. Die klare,
schnörkellose Sprache unterstreicht den "Beziehungsstudien-Flair"
noch zusätzlich. Beide Charaktere erscheinen eher unsympathisch und
oberflächlich, denn Äußerlichkeiten und Statussymbole erscheinen ihnen am
wichtigsten - aber nach und nach bekommt man immer tieferen Einblick in ihre
Gedanken und Emotionen, die sie nie nach außen tragen. Was bewegt sie? Warum
sind sie so, wie sie sind? Was prägte sie im Leben? Was bildete ihren
Charakter? Warum schotten sich beide auf so ganz eigene Weise ab? Warum sind
sie, jeder auf seine Weise, so unfähig, über ihre Gefühle zu reden? All dem
kommen wir nach und nach auf die Spur, da Harrison immer wieder einen Blick in
die Vergangenheit beider wagt und zudem auch Einblick in Jodies eigene
psychische Aufarbeitung gewährt, die in Form von Dialogen mit ihrem Psychologen
dargestellt wird
Jodies Entwicklung,
das Schmieden ihrer persönlichen Rache, zeigt die eingangs erwähnten Thriller-Elemente
auf. Das Verlieren der Kontrolle über sie Dinge in ihrem unmittelbaren Umfeld
öffnen eine Tür in ihr für böse Gedanken, denen auch Taten folgen. Spannend
würde ich das Geschehen jedoch nicht bezeichnen. Zu vorhersehbar, mit dem
kleinen Versuch einer überraschenden Wendung, die man aber ebenfalls schon
vorab erahnen kann. Da ich aufgrund der Werbung rund um dieses Buch etwas
völlig anderes erwartet hatte, ertappte ich mich zuletzt dabei, ganze Sätze zu
überspringen und überlegte kurzfristig auch, das Buch abzubrechen.
Persönliches Fazit
Ein
psychologisch tiefgründiges und auch interessantes Werk über den schrittweisen
Zerfall einer dem Alltagstrott verfallenen Beziehung, an der von beiden Seiten
her nicht gearbeitet wurde, die einfach hingenommen wurde. Kühl und distanziert
kommt der Roman daher und erscheint dabei eher als ein facettenreiches
Psychogramm, als Beziehungsstudie. Die Auseinandersetzung mit dem Thema ist hervorragend gelungen, keine Frage.
Aber dennoch konnte ich nicht recht warm werden mit dem Roman, mit perönlich fehlte schlichtweg die fesselnde Spannung, die mir vorab durch den Klappentext suggeriert wurde.
© Rezension:
2014, Alexandra Zylenas
Mai 2014 /
384 Seiten / Klappenbroschur
ISBN13:
978-3-8270-1207-4
[alexandra]Labels: Beitrag von Alexandra, Rezension, Roman