Rezension || Zwölf Leben | Ayana Mathis

Als Hattie ihre erstgeborenen Zwillinge Philadelphia und Jubilee taufte, war das Ausdruck einer großen Hoffnung. Hatte der Norden, die »Wiege der Freiheit«, den Schwarzen, die aus dem Süden kamen, nicht Gleichheit und Wohlstand versprochen? Und schmeckte das Leben in dem kleinen Haus an der Wayne Street nicht nach Zukunft? Hattie wird noch viele weitere Kinder bekommen, aber kaum etwas von ihren Hoffnungen wird sich erfüllen. Schmerz über Versagen und Schicksalsschläge überschattet Hatties Dasein. Es ist ein Schmerz, der sich fortschreiben wird in die nächste Generation.

Meine Gedanken zu dem Buch:

Die Autorin beschreibt die Lebensgeschichte von Hattie, ihren elf Kindern und einer Enkeltochter in zwölf Einzelportraits. Die Ereignisse finden zwischen den Jahren 1925 und 1980 statt. Auf den letzten Seiten des Buches sind zusätzlich noch einmal eine Zeittafel, sowie eine Abbildung eines Stammbaums der großen Familie vorhanden. Es handelt sich um eine besondere Familien Saga, deren Inhalt erst zum Schluss ein einheitliches Bild gewährt. Auch die Erzählreihenfolge ist nicht, wie vermutet, chronologisch, dennoch kommt man nach dem schweren Einstieg relativ schnell in die Geschichte und beginnt auch im Verlauf, die einzelnen Lebensereignisse zu einem Ganzen zusammenzufügen. Die Charaktere wurden von der Autorin sehr authentisch und selbständig beschrieben. Jedes der Kinder ist auf seine Art besonders und dennoch erkennt man die charakterlichen Züge der Mutter in jedem von Ihnen. Eine Geschichte mit Tiefgang, Verzweiflung, Mut und Melancholie.

Die Ereignisse und Erlebnisse der Kinder sind nie banal geschildert. Im Gegenteil, wie auch die Mutter Hattie haben die Kinder im Lauf ihres Lebens so einiges mitgemacht und zeigen zeitgleich eine Verletzlichkeit und Härte auf, die man sich meist nur aneignet, um bewusst anderen das Gefühl von Unnahbarkeit zu vermittelt. Zum Selbstschutz vor Fremden und in diesem Fall auch teilweise vor der eigenen Familie. Die Autorin schafft hier eine schwere Atmosphäre gepickt durch harte Schicksalsschläge, Lebenskrisen und dem bitteren Beigeschmack, alter geschichtlicher Ereignisse, die uns zum Glück erspart geblieben sind. Ein Roman über das Leben und wie viel eine doch so zarte Seele in jedem von uns, zu vertragen vermag. Die Autorin hat hier ein grandioses Meisterwerk hinterlassen.


Kurz & gut - mein persönliches Fazit:

Lange Zeit habe ich zwischen den einzelnen Kapiteln pausieren müssen und mir bewusst viel Zeit beim Lesen gelassen. Dieser Roman bedarf besonderer Aufmerksamkeit. Gerade zu Beginn, erkennt man aufgrund der mangelnden chronologischen Reihenfolge einzelner Kapitel, den Zusammenhang nicht sofort. Aber in der fortlaufenden Geschichte entwickelt sich dann ziemlich rasch ein persönlicher Rhythmus, der auch die Teilchen zum Ganzen zusammenfügt. Man erkennt Hattie, die eigentlich die Hauptrolle in dieser Geschichte ist, in jedem ihrer Kinder. Ihren Einfluss auf das Leben jedes Einzelnen. Hattie verliert selbst mit zunehmendem Alter, nicht an der beschriebenen Stärke und dem Mut zur Veränderung. Ihr Kampfgeist erlischt einfach nicht und das, obwohl sie im Leben so einiges an Schicksalsschlägen verkraften musste. Ein wunderbares Buch, das mich etwas an den Film „Die Farbe Lila" erinnert. Ein Debütroman, der einiges an Anerkennung und Aufmerksamkeit verdient hat. 

© Rezension: 2014, Aygen (AE)


Zwölf Leben – Ayana Mathis – dtv Verlag

Mai 2014 / gebundene Ausgabe mit Schutzumschlag / 368 Seiten 
ISBN 13: 978-3-423-28028-0

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