Im Gespräch mit Autorin Ulrike Rylance

Liebe Ulrike, zuerst natürlich einmal ein „Herzlich Willkommen“ und vielen Dank für Deinen Besuch im Bücherkaffee und dass Du Dir Zeit nimmst, meine Fragen zu beantworten.
Gleich mal eine neugierige Frage vorab: Mit welchem Getränk kann man Dir größere Freude bereiten? Kaffee oder Tee? Lieber gemütliches Straßencafe oder doch eher würzig-duftendes Teehaus?
Am liebsten trinke ich einen kochendheißen, starken Capuccino mit zehn Zentimetern fluffigem Milchschaum obendrauf. 

© Ulrike Rylance
Stell Dich doch bitte kurz den Lesern vor. Wer ist Ulrike Rylance / Ulrike Herwig?
Ich schreibe Kinder – und Jugendbücher als Ulrike Rylance und unter dem Namen Ulrike Herwig Bücher für Erwachsene im Genre Humor / Chico-Lit

Wie bist Du zum Schreiben gekommen und seit wann schreibst Du? Wer oder was beeinflusste Dich in der Wahl deines Berufes als Autorin? Übst Du nebenher noch einen weiteren Beruf aus und wenn ja, welchen?
Schreibversuche gab es schon, seit ich schreiben kann (Gedichte, Kurzgeschichten, Tagebuch mit ganz vielen Ausrufezeichen!!!!!) Bücher schreibe ich seit ungefähr sechs Jahren - eigentlich seit ich mich entschlossen habe, es „ernsthaft“ mit dem Schreiben zu versuchen. Also mich um eine Buchveröffentlichung zu bemühen. Na ja und nebenberuflich bin ich noch Chauffeur, Köchin, Putzfrau, Waschfrau, Hundetrainerin, Fundbüro, Psycho-Coach für Teenage-Drama ... 

Was macht dir an deiner Arbeit am meisten Spaß?
Wenn ich so richtig in einer Geschichte drinstecke und stundenlang schreibe, ohne zu merken, wie die Zeit verfliegt. Das ist wie ein Rausch und macht glücklich.

Folgst Du bestimmten Ritualen im Schreib-Alltag? (z.B. eine Lieblingstasse, die IMMER neben dem PC stehen muss, etc.)
Hast Du einen fixen Tagesablauf mit bestimmten Zeiten, die für private Stunden beziehungsweise das Schreiben reserviert sind?
Ich schreibe früh am Morgen, meist so bis Mittag, denn nachmittags habe ich keine Zeit, wegen meiner ganzen Nebenjobs (siehe oben) Es ist eigentlich ziemlich unspektakulär: Ich setze mich  an meinen Laptop und fange an. Tasse Kaffee dazu und mein Notizbuch mit  Ideen und Anmerkungen und Planungen daneben und los geht’s. Wenn es ein albernes kleines Ritual gibt, dann eigentlich nur dieses – für jeden neuen Roman nehmen ich ein neues Notizbuch für die Planung, auch wenn ein anderes noch halb leer ist.

Was bereitet dir mehr Schwierigkeiten? Der Anfang oder das Ende Deines Buches?
Die Mitte!! :-) Nein – wenn ich ehrlich bin, ist der Einstieg am schwersten. Da gilt es, den richtigen Ton zu treffen, die Leser neugierig zu machen, nicht zu viel zu verraten usw. Meist schreibe ich die ersten drei Kapitel ohne jegliche Planung, um ein Gefühl für das Buch zu bekommen. Danach erst konzipiere ich den Rest.

Welchen Einfluss hast Du als Autorin auf den Buchtitel und auf die Covergestaltung Deines Buches?
Auf das Cover gar keinen. Auf den Titel insofern, dass ich einen vorschlagen kann. Ob er dann aber genommen wird, steht auf einem anderen Blatt

Welches Buch hat einen nachhaltigen Eindruck bei Dir hinterlassen und ist aus Deinem Bücherregal nicht mehr wegzudenken?
„Büroroman“ von W.E. Richarzt. Eine grausame, bitterböse kleine Satire, die erbarmungslos und perfekt das menschliche Miteinander im Arbeitsalltag beschreibt

Du veröffentlichst als  Ulrike Rylance Kinder-und Jugendbücher und  als Ulrike Herwig Unterhaltungsromane für Erwachsene. Gibt es ein Genre, in dem Du Dich wohler fühlst, dass dir einfacher von der Hand geht, wie man so schön sagt?
Nein, ich mag beides. Ich mag es, lustige Kinderbücher zu schreiben und ich mag es, lustige Unterhaltungsromane zu schreiben. Ich bin wohl einfach nur ziemlich albern veranlagt ...

Wie entstehen die Protagonisten in Deinen Büchern? Sind Deine Figuren immer rein fiktiv oder haben sie auch ab und an mit realen Personen in Deinem Leben zu tun?
Oh, sie haben ziemlich viel mit realen Personen zu tun. Sie bestehen sozusagen aus lauter kleinen realen Stückchen. Allerdings würde ich nie eine reale Person in einem Buch „verwursten“ So komplett mit Aussehen und Charaktereigenschaften. Sondern ich nehme mir von dem einen diese kleine Macke, von dem anderen jene lustige Angewohnheit, vom dritten den Beruf, vom vierten die Lebensumstände, vom fünften die schönen Locken usw.

Wir haben vor einiger Zeit „Den Farbenverdreher“ im Bücherkaffee vorgestellt – ein zweisprachiges Kinderbuch ab 4 Jahren, das fördern  soll und in 7 Sprachen angeboten wird. Eine Geschichte, die im ersten Moment skurril erscheint, die aber die Phantasie der kleinen Leser ungemein fördert. Wie bist Du dazu gekommen, zweisprachige Kinderbücher zu schreiben? Was begeistert dich daran? Dürfen wir in dieser Richtung noch mehr Bücher von dir erwarten?
Mein erstes Buch („Wo ist Hawaii?“) habe ich im Selbstverlag heraus gebracht und zweisprachig geschrieben. (Auch noch in Reimen. Ich war größenwahnsinnig)  Das hat sich so ergeben, weil meine Kinder damals klein waren und zweisprachig aufwuchsen. Ich fand es schön, dass in zweisprachigen Haushalten beide Eltern dasselbe Buch vorlesen konnten. Wir haben das Buch damals in Amerika und in Deutschland im Bekanntenkreis verkauft und sind auf unheimlich viel positive Resonanz gestoßen. Wahrscheinlich, weil es damals noch nicht so viele zweisprachige Bücher gab. Allerdings konnte ich dieses Buch nie in einem Verlag unterbringen. Dafür habe ich aber Edition Bilibri  in München entdeckt, die dann meinen „Farbenverdreher“ mehrsprachig heraus gebracht haben. Ein weiteres mehrsprachiges Buch von mir folgte dort ein Jahr später: „Pia kommt indie Schule“    Ich hoffe natürlich, dass ich dort noch mehr Bücher veröffentlichen kann, weil ich die Idee einfach so toll finde.

„Tante Martha im Gepäck“ durfte damals als Reiselektüre in mein Gepäck und begeisterte mich sehr, vor allem die überaus gelungene Umgebungsbeschreibung. Warst Du zum recherchieren in Schottland oder verbindest du etwas Besonderes mit diesem Land? Allein vom Lesen her könnte man behaupten, dass Du dort sicher schon gelebt hast.
Naja, ich habe lange in England gelebt und war auch ein paar Mal in Schottland. Die raue und wunderschöne Natur dort ist einfach unglaublich. Dann hat es mir auch das schottische Englisch angetan, das klingt einfach toll. Und wer kann schon einem Mann im Kilt widerstehen ...  JIch habe leider nie länger dort gewohnt, aber wer weiß. Vielleicht findet sich in meiner Familie ja auch eines Tages eine reiche Erbtante Martha!

„Todesblüten“ – dieser Jugendthriller (wir haben ihn hier im Bücherkaffee vorstellt) gehört zur  „dtv pocket crime“ – Reihe. Hast du in dieser Reihe noch mehr Bücher veröffentlicht oder wird es hier bald neuen Nachschub geben?
Ja, es gibt Nachschub! Erstmal gab es von mir in dieser Reihe vor einem Jahr noch den Thriller „Villa des Schweigens“ und jetzt erscheint - sozusagen brandheiß - meine neuer Thriller Eiskaltes Herz“ im Juli 2013:   

An welchem neuen Buchprojekt arbeitest du gerade? Auf was dürfen wir und als nächstes freuen? Kannst Du den Lesern schon etwas vorab verraten?
Im Moment arbeite ich an einem neuen Kinderbuch, das 2014 bei dtv junior erscheinen wird. Mehr verrate ich aber noch nicht.

Da ich selbst blogge, interessiert mich dies besonders: Dank der Social Networks ist der Kontakt zwischen Autorin und deren Fans viel intensiver geworden. Fluch oder Segen? Wie stehst Du persönlich dazu? Wie hältst Du Kontakt zu Deinen Lesern?
Ich finde, das kann man ja als Autor selbst entscheiden, wie  sehr man sich in soziale Netzwerke einbringt oder wie viel man von sich preisgibt. Lesungen mache ich so gut wie nie, da ich im Ausland lebe, aber man findet mich auf Facebook und kann mich befreunden. Allerdings gibt es da nicht täglich aufregende Neuigkeiten zu meine Büchern oder dauerndes Selbstmarketing, sondern eher mal ein Haustierfoto (keine Katze!!!) oder generelle Kommentare über den Zustand der Welt und wie ich sie sehe.  Ich habe auch eine Website, auf der Neuigkeiten zu meinen Büchern erfahren werden können, dort gibt es auch eine Kontakt- E-Mail. Oft schreiben mir Schüler, die eins meiner Bücher im Unterricht vorstellen wollen und Fragen haben. Die beantworte ich natürlich gern.  Aber es ist jetzt echt nicht so, dass ich täglich mit einem Massenansturm von Anfragen fertig werden muss.  Noch nicht!! :-)

Was machst Du, wenn Du gerade nicht hinter dem Schreibtisch sitzt?
 Na ja, das tägliche Auf und Ab und die hunderttausend Handgriffe in einer Familie managen und wenn das geschafft ist – lesen, Filme ansehen, kochen, das Gekochte beim Joggen wieder abstrampeln,  Hot Yoga, mit meinen Eltern telefonieren, über neue Bücher nachdenken, die ich schreiben könnte /sollte/ möchte, meinem Nachbarn dabei zusehen, wie er seit drei Jahren erfolglos versucht, Maulwürfe zu fangen, Billard spielen oder einfach nur in die tolle Natur hinaussehen, die uns  in Sammamish umgibt ...

Wenn Du in Dein eigenes Bücherregal schaust – welches Genre ist hier am meisten vertreten?
Krimis und Thriller. Graphic Novels. Und – ich gestehe es – die gesamte Bandbreite historischer Romane. Ein Genre, das ich nie selbst schreiben könnte, das ich aber kiloweise verschlingen. Die ganzen Goldschmiedinnen, Närrinnen, Fälscherinnen, Hebammen, Huren, Gauklerinnen, Äbstissinnen,  Mätressen, und Zuckerbäckerinnen dieser Welt stehen alle einträchtig nebeneinander in meinem Bücherregal  zu Hause ...

Wann und vor allem wo liest Du selbst am liebsten?
Abends im Bett oder an einem Sommertag in der Hängematte

Mit welcher literarischen Figur würdest Du gerne einmal einen Tag verbringen?
Mit Dumbledore

Was ist das Verrückteste oder Lustigste, was Du je erlebt hast?
Als meine Kinder klein waren, haben wir mal einen Samstag auf einem Londoner Fest verbracht, wo ich jedem Mädchen bei einem Straßenhändler ein kleines weiches Quetschbällchen mit Gesicht gekauft habe. Sie waren total verliebt in diese blöden Dinger, habe damit gespielt, sie rumgeknetet und hin und her gezerrt und als wir dann in der U-Bahn nach Hause zurückfuhren, haben sie angefangen die Bällchen herum zu werfen. Und genau da sind sie dann auch geplatzt – mitten in der Luft! Und waren auch noch - so stellte sich in diesem Moment heraus - innen mit Mehl gefüllt. Es legte sich also innerhalb einer Viertelsekunde ein dicker Mehlnebel über alle U-Bahn Fahrgäste im Waggon, die total erstarrt dasaßen und wahrscheinlich glaubten, Opfer eines Terrorangriffes geworden zu sein. Meine Töchter plärrten los: „Bällchen! Mein süßes Bällchen!“, Geschäftsmänner schüttelten ungläubig die mehlbestäubten Köpfe,  mehlweiße Frauen schnappten nach Luft. Und in die kurze Stille nach der Mehl-Explosion sagte ein Mann: „Well folks - that’s what I call a perfect day out with the kids!“

Wer oder was macht Dich besonders glücklich?
Meine Familie. Und hoffentlich bald ein neuer kleiner Hund ...

… und was stimmt Dich eher nachdenklich?
Da reicht schon eine Minute Nachrichten pro Tag ...

Verrätst Du uns Dein ganz persönliches Rezept für gute Laune?
Sich mit einem Tier beschäftigen. Tiere freuen sich, wenn sie dich sehen und lieben dich so wie du bist. Man kann in ihrer Gegenwart einfach nicht lange missmutig sein.


Liebe Ulrike, vielen herzlichen Dank für Deinen Besuch im Bücherkaffee und für das nette Interview. Ich hoffe und wünsche es mir, dass wir noch viel von Dir hören bzw. lesen werden! Alles Gute und viel Erfolg für die Zukunft! Die Türen des Bücherkaffee´s stehen dir jederzeit offen und ich freue mich auf weitere Besuche! 

Wer mehr über die Autorin erfahren möchte, kann dies unter folgenden Links tun:

© Interview, Alexandra Zylenas
[alexandra]

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