Im Gespräch mit Autorin Noemi Jordan

Zuerst natürlich einmal ein Herzliches Willkommen und vielen Dank für Deinen Besuch im Bücherkaffee und dass Du Dir Zeit nimmst, meine Fragen zu beantworten.
Gleich mal eine neugierige Frage vorab: Mit welchem Getränk kann man Dir größere Freude bereiten? Kaffee oder Tee? Lieber gemütliches Straßencafe oder doch eher würzig-duftendes Teehaus?
Beim Früh-Schreiben muss es die große Tasse Tee sein - am liebsten Darjeeling mit einem Löffel Honig und ein paar Tröpfchen Milch. Wenn es langsam vor meinem Hinterhoffenster hell wird und ich mit meiner ersten Seite des Tages zufrieden bin kommt eine Espresso-Pause in der Küche, meistens mit meinem Mann, der auch Zuhause arbeitet. In der Welt da draußen sind es eher die gemütlichen Straßencafés, die mich locken.

© Nicole Houwer / Noemi Jordan
Stell Dich doch bitte kurz den Lesern vor. Wer ist Nicole Houwer alias "Noemi Jordan"?
Zu dem Namen, meinem so genannten Mädchennamen, könnte ich fast einen kleinen Roman schreiben, da ich aus einer großen Familie komme. Ich bin eines von sieben Kindern eines Vaters, den man leicht im Internet findet. Rob Houwer ist ein holländischer Filmemacher. Unter meinem Mädchennamen habe ich in Deutschland Drehbücher geschrieben, davor in den USA Filme geschnitten. Ich komme also eigentlich eher vom Film...

Wie bist Du zum Schreiben gekommen und seit wann schreibst Du?
Jetzt dürft ihr lachen, wenn ihr möchtet, denn ich bin ganz und gar nicht die typische Autorin, die schon mit acht Jahren Geschichten schrieb. Deutsch habe ich sogar in der Schule gehasst, weil ich Legasthenikerin war, und hätte es nicht den Computer gegeben... Außerdem denke ich in Bildern und nicht in Worten. Zunächst habe ich also nach meinen sieben Jahren USA in Deutschland ab dem Jahr 1993 Drehbücher geschrieben. Das ist ein heiß umkämpftes Terrain. Da ich ab 1995 finanziell allein verantwortlich für Zwillinge war und Sicherheit brauchte schrieb ich fünf Jahre lang zum Beispiel für die Seifenoper Marienhof. Nebenbei träumte ich natürlich davon eines Tages einen Roman zu veröffentlichen, doch das schien lange unerreichbar. Ab 2000 war ich dann nicht nur allein finanzierend, sondern auch allein erziehend, was über Jahre eine große Herausforderung war.

Wer oder was beeinflusste Dich in der Wahl deines Berufes als Autorin?
Mein Wunsch eines Tages einen Roman zu schreiben wurde von einer Autorin ausgelöst, die ich auf dem College entdeckte: Doris Lessing. Die Frau hat mich von der ersten Seite an fasziniert und ich musste damals alles von ihr lesen, weil ich sie so spannend fand. Ihren Science Fiction Roman Shikasta mochte ich am liebsten...
Den Beruf der Drehbuchautorin suchte ich mir mit achtundzwanzig als zweiten Beruf aus, da ich mir Kinder wünschte. Es ist als Cutterin wirklich schwer mit der Kinderbetreuung, das hatte ich in New York an meinem Arbeitsplatz bei Kolleginnen gesehen, und - mir war schon immer meine wirtschaftliche Unabhängigkeit sehr wichtig. Ich wünschte mir irgendwann Kinder, war aber selber Scheidungskind und hatte erlebt, wie schlimm es einem als Mutter gehen kann, wenn der Kindsvater sich verabschiedet. Also suchte ich ein Konstrukt, das da hieß: Ich will arbeiten, was mir Freude macht, ich wünsche mir Kinder und irgendwie möchte ich mein Leben mit Kindern notfalls auch finanziell ganz alleine stemmen können. Das war eine ganz schöne Knobelei... aber mit dem Schreiben sah ich zumindest eine Chance.

Übst Du nebenher noch einen weiteren Beruf aus und wenn ja, welchen?
Vor drei Jahren habe ich mit meinem jetzigen Mann (Ehe Nummer Zwei, sehr glückliche Ehe) eine Filmproduktion aufgemacht. Letztes Jahr kam noch ein kleiner Verlag für Musik und Büchern zu den Filmen dazu. Wir machen Dokumentarfilme mit kleinen Budgets, über Themen in denen viel Herzblut steckt. Wir arbeiten vor allem mit Frauen, gerne auch Erstregisseurinnen. Unser Erstling: Woodstock in Timbuktu - die Kunst des Widerstands lief erfolgreich letzten September im WDR und geht im April 2013 auf Kino-Tour. 
Der Film, den wir gerade mit einer meiner Schwestern drehen, heißt "MaPaSolo" das Thema sind Alleinerziehende in Deutschland.

Glaubst Du, dass Deine Zeit in New York auch Deinen Schreibstil geprägt hat?
Nur in dem Sinne, dass meine sieben Jahre New York mich sehr als Mensch geprägt haben. Teilweise habe ich diese turbulente Zeit in Kurzgeschichten verarbeitet, zwei sind bereits veröffentlich worden. Weitere werden folgen.

Was macht dir an deiner Arbeit am meisten Spaß?
Einfach alles, selbst die letzte Runde Korrekturlesen macht mir Freude - Ich liebe das Schreiben, auch wenn es manchmal verdammt anstrengend ist.

Der Weg von einer Idee zum fertigen Manuskript: Wie sieht dein Schreib-Alltag aus bzw. wie gestaltest du das Schreiben? Skizzen und Notizen samt Post-it-Sammlung oder alles ordentlich mit System am PC? Hast Du eventuell auch schon Erfahrung mit Schreibblockaden machen müssen?
Skizzen, Notizen und Post-it-Anweisungen an mich selber, dazu jede Menge Dinge, die mich inspirieren in meinem Schreibstübchen, der winzigste Raum in unserer Wohnung, circa fünf Quadratmeter und KEIN Telefon. Es sieht manchmal wild aus...
Nein, Schreibblockaden kenne ich nicht. Es blubbert immer...

Folgst Du bestimmten Ritualen im Schreib-Alltag? (z.B. eine Lieblingstasse, die IMMER neben dem PC stehen muss, etc.) Hast Du einen fixen Tagesablauf mit bestimmten Zeiten, die für private Stunden beziehungsweise das Schreiben reserviert sind?
Der frühe Morgen ist meine beste Schreib-Zeit. Manchmal heißt das vier Uhr früh... Und ja, meine gelbe Tasse – hoffentlich geht die nie kaputt!

Wie entstehen die Protagonisten Deines Buches? Sind Deine Figuren immer rein fiktiv oder haben sie auch ab und an mit realen Personen in Deinem Leben zu tun?
Das ist eine sehr gute Frage. Meine Protagonisten sind immer auch ein Teil von mir, das spüre ich beim Arbeiten, und es macht keinerlei Unterschied, ob sie Frauen, Männer oder Kinder sind. Auch reale Menschen inspirieren mich, jedoch muss ich sie zunächst verinnerlichen... was ich nicht erfassen kann, das kann ich auch nicht nachfühlen oder aufschreiben.

Woran erkennst du, dass eine Idee es Wert ist, zu einem Roman ausgearbeitet zu werden?
Wenn ich Gänsehaut bekomme.

Was bereitet dir mehr Schwierigkeiten? Der Anfang oder das Ende Deines Buches?
Beides. Wobei der Anfang noch ein bisschen schwerer ist, oft ändere ich ihn noch einmal, wenn ein Buch fertig ist.

Welchen Einfluss hast Du als Autorin auf den Buchtitel und auf die Covergestaltung Deines Buches?
Bei Piper durfte ich beim Titel einige Vorschläge machen, die jedoch schon von der Form her vorgegeben waren. Die Hawaii Bücher zum Beispiel gehörten in das Genre L&L - love and landscape - also sollte so etwas wie Tal, Insel, Berg, Bucht, etc. im Titel vorkommen. Cover ist Verlagssache. Ich hatte bei allen drei Büchern Bedenken ob die Cover zum Inhalt passten... sie waren gar so bunt und fröhlich! In den Rezensionen wurden die Cover dann auch oft als zu seicht für den Inhalt kritisiert. Ich finde das den Leserinnen gegenüber nicht fair, aber große Publikumsverlage wie Piper setzen beim Taschenbuch sehr auf die erste Marketingwelle. Mein Vorschlag: Einfach heitere Romane zu den kunterbunten Covern schreiben lassen...? Sorry, aber ich komme vom Inhalt ab. Mich interessiert auch bei Menschen erst in zweiter Linie das Aussehen...

Welches Buch hat einen nachhaltigen Eindruck bei Dir hinterlassen und ist aus Deinem Bücherregal nicht mehr wegzudenken?
Der kleine Prinz. Ich liebe dieses Buch. Ansonsten lese ich querbeet, zur Recherche auch viel Sachbuch.

Wenn Du in Dein eigenes Bücherregal schaust – welches Genre ist hier am meisten vertreten?
Sachbuch, seit ungefähr einem Jahr, danach historischer Roman und Klassiker.

Wann und vor allem wo liest Du selbst am liebsten?
Im Bett.

Mit welcher literarischen Figur würdest Du gerne einmal einen Tag verbringen?
Würde ich lieber mit den jeweiligen Autor/innen...

Buchmessen und Lesungen, vor allem LiveStream-Lesungen werden immer beliebter. Auf welcher Buchmesse werden wir Dich als Nächstes treffen können? Führst Du gerne Öffentlichkeitsarbeit / Lesungen oder ist das Lampenfieber groß?
Im Herbst auf der Frankfurter Buchmesse, dort werde ich mit „Zeit des Wilden Ingwer“ sein.

„Im Tal der tausend Nebel“ und „Insel der schwarzen Perlen“ sind historische und gleichzeitig exotische Romane, die Kulisse zu diesen Romanen bietet die traumhafte Inselgruppe Hawaii. In diesem Herbst erscheint nun der dritte Band zu Deinen Hawaii-Romanen – „Zeit des Wilden Ingwer“
Kannst du unseren Lesern eine kleine Zusammenfassung geben, um was es in dieser Familiensaga geht?
Elisa und Maja, zwei deutsche Auswanderinnen, die in unterschiedlichen Zeitepochen nach Hawaii kommen, versuchen mit ihren Leben und ihren jeweiligen Lieben aus Hawaii glücklich zu werden. Elisa und Maja verbindet eine gemeinsame Traumebene, in der sie sich jenseits von Zeit und Raum begegnen, denn beide verfügen über eine spezielle Gabe... Warum das so ist erklärt sich erst nach und nach.

Warum hast Du Dir als Kulisse die Hawaii-Inseln herausgesucht? Hat das einen besonderen Grund? Verbindest du etwas Persönliches mit Hawaii? Warst Du selbst dort?
Der einzige Grund, warum ich diese Familiensage geschrieben habe ist meine Liebe zu Hawaii. Mein erster Mann hatte schwierige hawaiische Wurzeln, in seiner Familie war viel Leid. Auch meine Söhne haben hawaiisches Blut, daher habe ich mich mit der Geschichte der Inseln intensiv beschäftigt.
Ich war schon mehrere Male dort, habe auf Hawaii auch Freunde und im Jahr 2012 habe ich extra eine Recherchereise auf zwei Inseln unternommen, die ich noch nicht besucht hatte. Somit kenne ich vier hawaiische Inseln, aber ehrlich gesagt würde ich am liebsten Jedes Jahr hinfliegen, wenn die Flüge nicht so teuer wären.

Wie viele Teile wird diese Familiensage insgesamt umfassen?
„Zeit des Wilden Ingwer“ ist der vorerst letzte Hawaii-Band. Damit ist die Familiensaga auserzählt. Ich könnte danach höchstens noch einen Band schreiben, der nur auf auf Maui spielt und tiefer in die Geheimlehren der Kahuna eindringt, in die Elisa dort von ihrem Liebsten Keanu und von seinen Lehrern initiiert wird. Diese fünf Jahre sind in meinem ersten Hawaii-Roman „Tal der Tausend Nebel“ nur zusammengefasst, da sie stark ins Übernatürliche gehen. Um den Kahuna als Schamanen gerecht zu werden müsste ich auch länger dort forschen... Der Band „Maui“ kann also erst geschrieben werden, wenn meine Jungs mich länger als ein paar Wochen entbehren können. First things first, wie man so schön sagt...

Was wünschst Du dir von Deinen Büchern? Was soll es bei den Lesern bewirken?
Mit meinen Hawaii – Büchern wollte ich zwar in andere Welten entführen, aber auch zum 
anregen und möglichst viel über die Magie und Geschichte dieser Inseln erzählen. Ich bin in meinem Leben schon viel gereist, jedoch ist Hawaii wirklich ein ganz besonderer Ort. Das wollte ich beim Lesen erlebbar machen.

An welchem neuen Buchprojekt arbeitest du gerade? Auf was dürfen wir und als nächstes freuen? Kannst Du den Lesern schon etwas vorab verraten?
Jetzt wird es schwierig. Ich habe mich erneut an ein Genre herangewagt, das ich zunächst hinten angestellt hatte, da meine wunderbare Lektorin bei Piper, Michaela Kenklies, die inzwischen bei Droemer ist, mich zu L&L überredet hat. Hawaii war ein wunderbares Schreib-Abenteuer, spannend und auch romantisch, dabei durch die Recherche auch für mich immer wieder überraschend. Das war ein großes Geschenk...
Trotzdem lässt mich ein gewisser Krimi-Ehrgeiz nicht los. Ich arbeite parallel an zwei Krimi-Stoffen, einmal einem regionalen Krimi mit Fortsetzungspotential und dann an einem erotischen Thriller. Spannende Erotik für Frauen ist eine echte Herausforderung, mal sehen...

Was machst Du, wenn Du gerade nicht hinter dem Schreibtisch sitzt?
Filmen, Kochen und wahnsinnig gerne mache ich auch Recherchereisen. Für ein Filmprojekt steht im März Indien in meinem Kalender.

Was ist das Verrückteste oder Lustigste, was Du je erlebt hast?
Die Hochzeitsreise mit meinem jetzigen Mann... die war so etwas von verrückt, dass ich sie nie wiederholen würde!

Wer oder was macht Dich besonders glücklich?
Familie und Freunde. Das ist eigenartig, weil ich ja irgendwie ein herumgeschubstes Scheidungskind war, oder vielleicht ist es gerade deshalb so: Familie und Freunde sind am allerwichtigsten und machen mich tagtäglich glücklich.

… und was stimmt Dich eher nachdenklich?
Die sich verändernden Werte in Deutschland, gerade auch was Familien betrifft.

Verrätst Du uns Dein ganz persönliches Rezept für gute Laune?
Genug schlafen. Nach acht Stunden wache ich schon mit einem Lächeln auf den Lippen auf und kann es nicht abwarten los zu schreiben. Aber wehe ich bekomme zu wenig Schlaf... dann kann ich unausstehlich sein.


Vielen herzlichen Dank für Deinen Besuch im Bücherkaffee und für das nette Interview. Ich hoffe und wünsche es mir, dass wir noch viel von Dir hören bzw. lesen werden!Alles Gute und viel Erfolg für die Zukunft! Mahalo
Vielen, vielen Dank, liebe Alexandra, das waren ganz wunderbare Fragen, die auch mich noch einmal nachdenklich stimmen konnten.

[alexandra]

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