Rezension: Purpurmond

Purpurmond
von Heike Eva Schmidt



Verlag: PAN Verlag / Droemer-Knaur
Genre: Jugendbuch Fantasy, Zeitreise
Ausstattung: Hardcover, 352 Seiten
Erscheinungstermin: 01.03.2012
ISBN: 978-3-426-28366-0
Preis: 14,99 € (D)
auch als eBook verfügbar



Inhalt:

Die 17-jährige Caitlin - von allen Cat genannt - ist mit der elterlichen Wohnort-Wahl Bamberg alles andere als einverstanden. Sie fühlt sich nicht recht zu Hause und findet auch in der Schule keinen Anschluss. Sina, die Drahtzieherin des Klassen-Lästerzirkels, ist schon nach kürzester Zeit ihre beste Feindin. Als genau diese Cat eines Nachts unter einem Vorwand in die Ruinen des alten Bamberger Drudenhauses lockt und sie dann auch noch in einen Kellerraum einsperrt, macht Cat eine faszinierende und auch sehr beängstigende Erfahrung: 
Sie findet einen alten Kupfer-Halsreif , eingewickelt in ein altes, beschriebenes Lederstück. Die Versuchung ist groß und Cat legt sich den Reif um ... 

Als sie nach einem plötzlichen starken Schwindelanfall wieder zu sich kommt, kann sie ihren Augen kaum trauen: Statt eingesperrt im Drudenkeller zu sitzen, findet sie sich in einer stinkenden Gasse in Bamberg des 17. Jahrhunderts wieder, genauer gesagt im Jahr 1632! Mit Schrecken muss sie feststellen, dass Bamberg zu dieser Zeit die Hochburg der Hexenverbrennungen war, denn ausgerechnet von einer solchen muss sie nun Zeuge werden, während Kinder scheinbar fröhlich ein Schmählied singen:

"Hexe, Hexe, du sollst brennen,
 mit dem Kopf nach unten hängen.
Teufelslieder sollst du singen,
bis die Flammen dich umringen.
...."

Cat wird wieder ohnmächtig und wacht in ihrem Zimmer auf - erleichtert, da sie glaubt, alles nur geträumt zu haben....bis sie den Kupferreif am Hals spürt. Und dieser Reif lässt sich nicht mehr abnehmen, er scheint regelrecht verschmolzen zu sein. Und noch schlimmer: Er scheint immer enger zu werden! Panisch beginnt sie zu recherchieren und kommt zu einer erschütternden Erkenntnis: Dieser Reif muss von einer Hexe mit einem Fluch belegt sein - den auch nur diese Hexe selbst wieder lösen kann. Um sich selbst zu retten, bleibt Cat nichts anderes übrig, als wieder in die Vergangenheit zu reisen. Sie muß unbedingt die Hexe finden! Dort lernt sie aber auch die mutige und hilfsbereite Dorothea und ihren Bruder Jakob kennen. Für Cat und Dorothea beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit, denn beiden droht der Scheiterhaufen ...

Handlung & Charaktere:

Heike Eva Schmidt hat mit "Purpurmond" einen wirklich sehr gelungenen Jugend-Fantasy-Roman erschaffen, der den Leser auf eine geschichtliche Zeitreise ins Bamberg des 17. Jahrhundert entführt. Man erfährt einiges zu den damaligen Gegebenheiten, denn Bamberg war zu dieser Zeit tatsächlich die Hochburg der Hexenverbrennungen. Das Drudenhaus gab es wirklich, aber es wurde schon im 17. Jahrhundert abgerissen. Einige Dinge und auch Personen sind von der Autorin frei erfunden, aber Dorothea Flock hat tatsächlich gelebt, aber leider erfuhr sie kein Happy End wie in diesem Buch. In den Anmerkungen kann man nachlesen, dass Heike Eva Schmidt ihr in diesem Buch ein Denkmal setzten wollte und auch getan hat. 

Der Schreibstil ist sehr angenehm zu lesen. Der Leser erlebt hier zwei Erzähl-Perspektiven. Im ersten Handlungsstrang wird aus der Sicht von Cat in der Ich-Form erzählt und im zweiten Handlungsstrang erfahren wir Dorothea´s Leben aus der Sicht eines Erzählers. Dies fördert unbewusst die Konzentration auf die Geschichte und erleichtert zudem das auseinanderhalten der einzelnen Handlungsstränge. Alleine schon am Schreibstil erkennt man, um wen es gerade geht. Im ersten Teil des Buches taucht der Leser im abwechselnd - getrennt durch Kapiteln - in die Geschehnisse und Erlebnisse von Cat und Dorothea ein, bis die Handlungsstränge ab der Mitte etwa zu einem gemeinsamen Handlungsstrang verschmelzen, dem Zeitpunkt, in dem die beiden aufeinandertreffen und zusammen für die gleiche Sache kämpfen und das gleiche Ziel verfolgen - einfach nur zu Überleben! 

Die Charaktere sind sehr detailliert und authentisch dargestellt unter Berücksichtigung der zeitlichen Spanne. Cat, die im Jahre 2012 lebt - modern, selbstbewusst, dickköpfig - versprüht ihren ganz eigenen jugendlichen Charme. Da ihr Part in der Ich-Form geschrieben ist, hat der Leser viel Einblick in ihre Gefühls- und Gedankenwelt - was auch immer wieder für große Lacher sorgt, denn an Witz und einer nötigen Portion Ironie mangelt es ihr bestimmt nicht. Es ist eine wahre Freude, ihren Gedanken zu folgen. Sie tritt sehr unerschrocken auf und lässt sich auch im 17. Jahrhundert von niemandem etwas sagen. So schleudert sie auch mal eben dem angesehen Richter Förch in ihrer bezaubernden jugendlichen Naivität ihre Meinung über ihn vor die Füße - und das in einer Zeit, in der die Frauen sich sonst nicht mal getraut hätte, ihm direkt in die Augen zu blicken. Momente, in denen man sich beim Lesen wahrlich schüttelt vor lachen und denkt: "Bravo, Mädchen!" :) 

Aber auch Dorothea entspricht nicht ganz den Vorstellungen einer gehorsamen und unterwürfigen Frau der damaligen Zeit. Mit ihren 17 Jahren ist sie noch nicht verheiratet und statt sich einen Mann zu suchen, widmet sie sich lieber der Lehre der Heilkunst und genießt in vollen Zügen ihre Freiheit. Sie ist ungewöhnlich selbstbewusst und trotzt der harten Männerwelt - was ihr zuletzt auch zum Verhängnis wird. Aber man wird sofort warm mit ihr und man hegt einen gewissen Respekt für sie, dass sie trotz der großen Angst vor dem Scheiterhaufen mutig für ihre Prinzipien einsteht. Denn schon alleine mit ihren natürlich-roten Haaren lebt sie sehr gefährlich ...

Das Aufeinandertreffen der Charaktere gestaltet sich auch aus sprachlicher Sicht sehr amüsant, denn Cat fällt es nicht immer leicht, sich der altertümlichen Ausdrucksweise anzupassen und stiftet mit ihren Bemerkungen und Äußerungen immer wieder Verwirrung. 
Schön gestaltet sind auch die Zeitsprünge: So befindet sich Cat nicht permanent in der Vergangenheit, sondern reist - eher ungewollt - ständig in der Zeit hin und her. Es gibt keine Regel, keine bestimmte zeitliche Spanne. Sobald der Schwindel einsetzt und sie den purpurnen Nebel sehen kann, weiß sie - jetzt geht die Zeitreise wieder los.

Mein Fazit:

"Purpurmond" ist ein äußerst gelungener Jugend-Fantasyroman, der trotz der beklemmenden Thematik auf äußerst amüsante und bezaubernde Weise umgesetzt ist. Das Vermischen der Moderne mit vergangenen Zeiten ist sehr gut und anschaulich gelungen und ich habe mich sehr angenehm unterhalten gefühlt. Eine Portion Fantasy, eine Portion History und eine ganz gehörige Portion Liebe - einfach eine rundherum gelungene Mischung! Ein wahrlich fesselndes und auch rasantes Lesevergnügen, und das sicher nicht nur für jugendliche Leser. 

© Alexandra Zylenas



Zur Autorin Heike Eva Schmidt

Heike Eva Schmidt wurde in Bamberg geboren und lebt heute im Süden Münchens. Nach einem Studium der Schulpsychologie wechselte sie direkt nach ihrem Abschluss zum Journalismus. Nach Stationen bei Radio, Fernsehen und Zeitschriften erhielt sie im Jahr 2000 ein Stipendium an der Drehbuchwerkstatt München. Seit mehreren Jahren arbeitet sie als freie Drehbuchautorin, aktuell für eine Serie des Bayerischen Fernsehens. 2010 verwirklichte sie schließlich ihren Kindheitstraum: Romane zu schreiben. Seitdem arbeitet sie vorzugsweise im bayerischen Voralpenland. Dort entstehen in ihrer kleinen „Schreibstube“ viele Ideen. „Purpurmond“ ist Heike Eva Schmidts erster Fantasyroman.

[alexandra]

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